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Die sozialen Probleme der Religion

6. Institutionelle Religion

99:6.1

Sektierertum ist eine Krankheit institutioneller Religion, und Dogmatismus ist eine Versklavung der geistigen Natur. Es ist weit besser, eine Religion ohne Kirche zu haben, als eine Kirche ohne Religion. Der religiöse Tumult des zwanzigsten Jahrhunderts ist an und für sich nicht ein Zeichen des Niedergangs. Verwirrung geht ebenso sehr dem Wachstum voraus wie der Zerstörung.

99:6.2

Die Sozialisierung der Religion verfolgt einen wirklichen Zweck. Der Zweck von religiösen Gruppenaktivitäten ist es, die der Religion entsprungenen Treueverhältnisse kräftig zu steigern; den Reiz von Wahrheit, Schönheit und Güte zu betonen; zu der Anziehungskraft höchster Werte beizutragen; den Dienst im Geiste selbstloser Brüderlichkeit zu verstärken; die im Familienleben liegenden Potentiale zu rühmen; für religiöse Erziehung zu sorgen; weise Beratung und geistige Führung anzubieten; und gemeinsame Anbetung zu ermutigen. Und alle lebendigen Religionen ermutigen menschliche Freundschaft, bewahren die Sittlichkeit, fördern die Hilfsbereitschaft unter Nachbarn und erleichtern die Verbreitung des wesentlichen Evangeliums ihrer jeweiligen Botschaft ewigen Heils.

99:6.3

Aber wenn sich die Religion immer mehr zu einer Institution wandelt, wird ihre Kraft zum Guten beschnitten, während ihre Möglichkeiten zu Üblem gewaltig zunehmen. Die Gefahren förmlicher Religion sind: Fixierung von Glaubensvorstellungen und Kristallisierung von Gefühlen; Anhäufung verbriefter Rechte bei zunehmender Verweltlichung; Tendenz zu Standardisierung und Fossilisierung der Wahrheit; Übergang der Religion vom Dienst an Gott zum Dienst an der Kirche; Neigung der Führer, Verwalter statt Seelsorger zu sein; Tendenz zur Bildung von Sekten und wetteifernden Untergruppen; Entstehen einer unterdrückerischen geistlichen Autorität; Schaffung der aristokratischen „Auserwähltes Volk“-Haltung; Förderung falscher und übertriebener Ideen von Heiligkeit; Übergang der Religion in Routine und Versteinerung des Kultes; Hinwendung zur Verehrung der Vergangenheit und Taubheit für aktuelle Bedürfnisse; Unvermögen, Religion auf moderne Weise zu deuten; Verquickung mit Funktionen weltlicher Institutionen; und die förmliche Religion schafft die üble Sonderung in religiöse Kasten; sie wird zu einem intoleranten Richter der Orthodoxie; sie versagt dabei, das Interesse einer abenteuerlustigen Jugend wach zu halten, und verliert allmählich die rettende Botschaft des Evangeliums vom ewigen Heil aus den Augen.

99:6.4

Die förmliche Religion schränkt die Menschen in ihren persönlichen geistigen Aktivitäten ein, anstatt sie als Erbauer des Königreichs für einen höheren Dienst zu befreien.


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