DIE primitive Religion hatte einen biologischen Ursprung und nahm eine natürliche evolutionäre Entwicklung, wenn man von moralischen Verbänden und allen geistigen Einflüssen absieht. Die höheren Tiere haben Ängste, aber keine Einbildungen, folglich auch keine Religion. Der Mensch schafft seine primitive Religion aus seinen Ängsten und mit seinen Einbildungen.
In der Evolution der menschlichen Gattung erscheint die Anbetung in ihren primitiven Äußerungen, lange bevor der menschliche Verstand fähig ist, die komplexeren Vorstellungen vom hiesigen und jenseitigen Leben zu formulieren, die es verdienen, als Religion bezeichnet zu werden. Die frühe Religion war ihrem Wesen nach völlig intellektuell und fußte einzig auf den durch die Umstände geweckten Gedankenassoziationen. Die Gegenstände der Verehrung waren ganz und gar suggestiver Art; sie bestanden aus den Dingen der Natur, welche sich gerade in Reichweite befanden oder die den einfachen Gemütern der primitiven Urantianer in ihrer alltäglichen Erfahrung bedeutungsvoll erschienen.
Als die Religion sich über die Anbetung der Natur hinausentwickelte, gewann sie Wurzeln geistigen Ursprungs, war aber trotzdem immer noch durch das soziale Umfeld bedingt. Mit fortschreitender Naturanbetung ersann sich die menschliche Vorstellungskraft eine Arbeitsteilung in der überirdischen Welt; es gab Naturgeister für Seen, Bäume, Wasserfälle, Regen und hundert andere gewöhnliche irdische Phänomene.
Zu irgendeinem Zeitpunkt hat der Mensch alles angebetet, was es auf der Erdoberfläche gibt, sich selber mit eingeschlossen. Er hat auch so ziemlich alles verehrt, was sich im Himmel und unter dem Erdboden nur ausdenken lässt. Der primitive Mensch fürchtete alle Äußerungen von Gewalt; er verehrte jedes Naturphänomen, das er nicht verstehen konnte. Die Beobachtung mächtiger Naturgewalten wie Stürme, Überschwemmungen, Erdbeben, Erdrutsche, Vulkane, Feuer, Hitze und Kälte beeindruckte den wachsenden Verstand des Menschen gewaltig. Immer noch werden die unerklärlichen Dinge des Lebens als „Handlungen Gottes“ und „geheimnisvolles Walten der Vorsehung“ bezeichnet.