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Letzte Unterweisung in Pella

4. Der Vater und sein Reich

169:4.1

Jesus hatte immer Mühe, seinen Aposteln begreiflich zu machen, dass, obwohl sie die Errichtung des Königreichs Gottes verkündigten, der Vater im Himmel kein König ist. Zur Zeit, da Jesus als Mensch auf Erden lebte und lehrte, kannten die Völker Urantias meist nur Könige und Kaiser als Herrscher über die Nationen, und die Juden hatten seit langem das Kommen des Königreichs Gottes erwartet. Aus diesen und anderen Gründen fand der Meister es am besten, die geistige Bruderschaft der Menschen als Königreich des Himmels und das geistige Haupt dieser Bruderschaft als den Vater im Himmel zu bezeichnen. Nie bezog sich Jesus auf seinen Vater als einen König. In seinen vertraulichen Gesprächen mit den Aposteln sprach er von sich selbst immer als vom Menschensohn und als von ihrem älteren Bruder. Er bezeichnete alle seine Anhänger als Diener der Menschheit und Botschafter des Evangeliums vom Königreich.

169:4.2

Jesus gab seinen Aposteln nie eine systematische Lektion über die Persönlichkeit und die Eigenschaften des Vaters im Himmel. Er forderte die Menschen nie auf, an seinen Vater zu glauben; er hielt es für selbstverständlich, dass sie dies taten. Jesus setzte sich nie selber herab, indem er Argumente zum Beweis der Realität des Vaters vorbrachte. Seine den Vater betreffende Unterweisung konzentrierte sich immer auf die Erklärung, dass er und der Vater eins sind; dass, wer den Sohn gesehen hat, den Vater gesehen hat; dass der Vater, wie der Sohn, alles weiß; dass nur der Sohn den Vater wirklich kennt und derjenige, dem der Sohn ihn offenbaren will; dass, wer den Sohn kennt, auch den Vater kennt; und dass der Vater ihn in die Welt gesandt hat, um ihre vereinigten Naturen zu offenbaren und den Menschen ihr gemeinsames Werk vor Augen zu führen. Er gab über seinen Vater nie andere Erklärungen ab außer gegenüber der Frau aus Samaria am Jakobsbrunnen, als er ihr erklärte: „Gott ist Geist.“

169:4.3

Kenntnis von Gott wird euch durch Jesus zuteil, wenn ihr die Göttlichkeit seines Lebens betrachtet und nicht, indem ihr euch auf seine Lehren beruft. Ein jeder von euch mag sich vom Leben des Meisters her jene Vorstellung von Gott aneignen, die dem Grad seiner Fähigkeit entspricht, geistige und göttliche Realitäten, echte und ewige Wahrheiten zu erkennen. Das Endliche kann nie hoffen, das Unendliche zu verstehen, außer als sich das Unendliche in der Zeit-Raum-Persönlichkeit Jesu von Nazareth verdichtete, der die endliche Erfahrung des menschlichen Lebens machte.

169:4.4

Jesus wusste sehr wohl, dass man Gott nur durch die Realitäten der Erfahrung kennen kann; nie kann er durch bloße verstandesmäßige Unterwei­sung begriffen werden. Jesus lehrte seine Apostel, dass sie Gott zwar niemals ganz verstehen, aber mit Sicherheit kennen könnten, gerade so, wie sie den Men­schen­­sohn gekannt hatten. Ihr könnt Gott nicht kennen, weil ihr versteht, was Jesus sagte, sondern weil ihr wisst, was Jesus war. Jesus war eine Offenbarung Gottes.

169:4.5

Außer wenn er aus den hebräischen Schriften zitierte, bezog sich Jesus immer nur unter zwei Namen auf die Gottheit: Gott und Vater. Und wenn sich der Meister auf seinen Vater als Gott bezog, gebrauchte er gewöhnlich das hebräische Wort, das den pluralen Gott (die Trinität) bezeichnete, und nicht das Wort Jahve, das für die sich entwickelnde Vorstellung vom Stammesgott der Juden stand.

169:4.6

Jesus nannte den Vater nie König, und er bedauerte es außerordentlich, dass die jüdische Hoffnung auf ein wiederhergestelltes Königreich und die Verkündigung eines kommenden Königreichs durch Johannes ihn dazu zwangen, seine geplante geistige Bruderschaft Königreich des Himmels zu nennen. Mit der einzigen Ausnahme – der Erklärung „Gott ist Geist“ – bezog sich Jesus auf die Gottheit nie anders als in Ausdrücken, die seine eigene, persönliche Beziehung mit dem Ersten Zentralen Ursprung des Paradieses beschrieben.

169:4.7

Jesus gebrauchte das Wort Gott, um die Idee der Gottheit, und das Wort Vater, um die Erfahrung, Gott zu kennen, zu bezeichnen. Wenn das Wort Vater gebraucht wird, um Gott zu bezeichnen, sollte man es in seiner weitestmöglichen Bedeutung verstehen: Das Wort Gott kann nicht definiert werden und steht infolgedessen für die unendliche Vorstellung vom Vater, während der Ausdruck Vater, der sich teilweise definieren lässt, zur Beschreibung der menschlichen Vorstellung vom göttlichen Vater in seiner Beziehung zum Menschen während dessen sterblicher Existenz angewendet werden kann.

169:4.8

Für die Juden war Elohim der Gott der Götter, während Jahve der Gott Israels war. Jesus akzeptierte das Elohim-Konzept und nannte diese Gruppe höchster Wesen Gott. Anstelle der Vorstellung von Jahve, der Gottheit der Rasse, führte er die Idee der Vaterschaft Gottes und der weltumspannenden Bruderschaft der Menschen ein. Er hob die Jahve-Vorstellung von einem vergöttlichten Vater der Rasse zur Idee eines Vaters aller Menschenkinder, eines göttlichen Vaters jedes einzelnen Gläubigen empor. Und er lehrte überdies, dass dieser Gott der Universen und dieser Vater aller Menschen ein und dieselbe Gottheit des Paradieses sind.

169:4.9

Jesus erhob nie den Anspruch, eine Manifestation von Elohim (Gott) in Menschengestalt zu sein. Er erklärte nie, er sei eine Offenbarung Elohims (Gottes) an die Welten. Er lehrte nie, dass, wer ihn gesehen habe, Elohim (Gott) gesehen habe. Aber er verkündigte sich selber als Offenbarung des Vaters in Menschengestalt und sagte in der Tat, dass, wer ihn gesehen habe, den Vater gesehen habe. Als göttlicher Sohn beanspruchte er, einzig den Vater zu repräsentieren.

169:4.10

In der Tat war er auch der Sohn des Gottes Elohim; aber in der Gestalt eines Sterblichen und für die sterblichen Söhne Gottes beschränkte er seine Leben­s­offenbarung auf die Porträtierung des Wesens seines Vaters im Rahmen der Fähigkeit des sterblichen Menschen, eine solche Offenbarung zu verstehen. Was das Wesen der anderen Personen der Trinität des Paradieses anbelangt, müssen wir uns mit der Lehre begnügen, dass sie jenem Vater vollkommen gleichen, dessen persönliches Porträt im Leben seines inkarnierten Sohnes, Jesu von Nazareth, offenbart worden ist.

169:4.11

Obwohl Jesus in seinem Erdenleben die wahre Natur des himmlischen Vaters offenbarte, lehrte er nur weniges über ihn. Eigentlich lehrte er lediglich zwei Dinge: dass Gott in seinem Wesen Geist ist und dass er in allem, was seine Beziehungen zu seinen Geschöpfen betrifft, ein Vater ist. An diesem Abend äußerte sich Jesus abschließend über seine Beziehung zu Gott, als er erklärte: „Ich bin aus dem Vater hervorgegangen, und ich bin in die Welt gekommen; und ich werde die Welt wieder verlassen und zum Vater zurückkehren.“

169:4.12

Aber wohlgemerkt! Jesus sagte nie: „Wer mich gehört hat, hat Gott gehört.“ Sondern er sagte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Jesu Lehre zu hören, ist nicht gleichbedeutend damit, Gott zu kennen, aber Jesus zu sehen ist eine Erfahrung, die in sich selber eine Offenbarung des Vaters an die Seele ist. Der Gott der Universen regiert die gewaltige Schöpfung, aber der Vater im Himmel ist es, der seinen Geist aussendet, um eurem Verstand innezuwohnen.

169:4.13

Jesus ist das geistige Objektiv in Menschengestalt, das dem materiellen Geschöpf Ihn, den Unsichtbaren, sichtbar macht. Er ist euer älterer Bruder, der, inkarniert, euch mit einem Wesen bekannt macht, das mit unendlichen Attributen ausgestattet ist und das ganz zu begreifen sich nicht einmal die himmlischen Heerscharen anmaßen. Aber all das muss persönliche Erfahrung des individuellen Gläubigen sein. Gott, der Geist ist, kann nur als eine geistige Erfahrung gekannt werden. Gott kann den endlichen Söhnen der materiellen Welten durch den göttlichen Sohn der geistigen Reiche nur als ein Vater offenbart werden. Ihr könnt den Ewigen als einen Vater kennen; ihr könnt ihn anbeten als den Gott der Universen, den unendlichen Schöpfer aller Existenzen.


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