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Regierung auf einem Nachbarplaneten

3. Das Familienleben

72:3.1

Auf diesem Kontinent verbietet es das Gesetz zwei Familien, unter demselben Dach zu wohnen. Und da Gruppenbehausungen als ungesetzlich erklärt worden sind, sind die meisten Gebäude vom Typ der Mietskasernen abgerissen worden. Aber die Unverheirateten leben immer noch in Klubs, Hotels oder anderen Gruppenunterkünften. Der kleinste erlaubte Wohnsitz muss einen halben Hektar Land umfassen. Aller Land- und andere Besitz, der für Heimzwecke verwendet wird, ist bis zur zehnfachen Größe der minimalen Wohnparzelle von der Besteuerung ausgenommen.

72:3.2

Das Familienleben dieses Volkes hat sich im Laufe des letzten Jahrhunderts stark gebessert. Der Besuch der Elternschulen für Kindererziehung ist sowohl für Väter wie Mütter obligatorisch. Auch die Landwirte, die in kleinen Landsiedlungen wohnen, erfüllen diese Pflicht auf dem Korrespondenzweg und begeben sich für mündliche Instruktion alle zehn Tage – d. h. alle zwei Wochen, denn die Woche hat fünf Tage – in nahe gelegene Zentren.

72:3.3

Jede Familie hat im Durchschnitt fünf Kinder. Die Kinder unterstehen der vollen Kontrolle ihrer Eltern oder, im Falle des Ablebens des einen oder beider Elternteile, der Kontrolle von Vormunden, die von den Familiengerichten bezeichnet werden. Es wird als große Ehre für eine Familie angesehen, wenn ihr die Obhut einer Vollwaise zugesprochen wird. Die Eltern messen sich in Prüfungen untereinander, und das Waisenkind wird dem Heim derjenigen zuerkannt, die die besten elterlichen Qualifikationen mitbringen.

72:3.4

Dieses Volk betrachtet das Heim als die grundlegende Einrichtung seiner Zivilisation. Es wird erwartet, dass der kostbarste Teil der Erziehung und Charak­ter­bildung eines Kindes durch seine Eltern und zu Hause erbracht wird, und die Väter widmen der Formung der Kinder fast ebenso viel Auf­merksamkeit wie die Mütter.

72:3.5

Der ganze sexuelle Unterricht wird im Heim durch die Eltern oder durch gesetzlich bestellte Vormünder erteilt. Die sittliche Unterweisung wird von Lehrern während der Ruheperioden in den Schulwerkstätten geboten, aber anders verhält es sich mit der religiösen Schulung, die als ausschließliches elterliches Vorrecht gilt, da man Religion als festen Bestandteil des Familienlebens ansieht. Rein religiöse Unterweisung wird öffentlich nur in den Tempeln der Philosophie geboten; denn in diesem Volk haben sich keine solch ausschließlich religiösen Institutionen wie die Kirchen Urantias herausgebildet. In ihrer Philosophie ist Religion das Streben danach, Gott zu kennen und seinen Mitmenschen Liebe zu erweisen, indem man ihnen dient, aber das ist nicht typisch für den religiösen Status der ü­brigen Nationen dieses Planeten. Religion ist in diesem Volk so ganz und gar eine Familienangelegenheit, dass es keine nur für religiöse Versammlungen bestimmten öffentlichen Orte gibt. Politisch sind Kirche und Staat, wie die Urantianer zu sagen pflegen, völlig getrennt, aber es herrscht eine eigenartige Überlappung von Religion und Philosophie.

72:3.6

Bis vor zwanzig Jahren überwachte die Regierung die (den Seelsorgern Urantias vergleichbaren) geistigen Lehrer, die periodisch jede Familie besuchen, um die Kinder zu besichtigen und sich zu vergewissern, dass sie durch ihre Eltern richtig unterwiesen worden sind. Diese geistigen Ratgeber und Examinatoren unterstehen jetzt der Leitung der neulich geschaffenen Stiftung für geistigen Fortschritt, einer Institution, die von freiwilligen Spenden lebt. Es ist möglich, dass sich diese Institution nicht weiterentwickeln wird, solange kein Richtersohn des Paradieses gekommen ist.

72:3.7

Die Kinder bleiben gesetzlich von ihren Eltern abhängig, bis sie im Alter von fünfzehn Jahren die erste Einführung in zivile Verantwortung erhalten. Danach werden für diese Altersgruppe während fünf aufeinander folgender Perioden alle fünf Jahre ähnliche öffentliche Übungen durchgeführt, anlässlich derer die Verpflichtungen der Kinder gegenüber den Eltern verringert werden, während sie dem Staat gegenüber neue zivile und gesellschaftliche Verantwortungen übernehmen. Das Stimmrecht wird ihnen mit zwanzig verliehen, das Recht, ohne elterliche Zustimmung zu heiraten, wird nicht vor fünfundzwanzig gewährt, und die Kinder müssen ihr Zuhause mit dreißig verlassen.

72:3.8

In der ganzen Nation gelten dieselben Ehe- und Scheidungsgesetze. Heirat vor zwanzig Jahren – dem Alter der Verleihung der Bürgerrechte – ist nicht erlaubt. Die Heiratsbewilligung wird erst ein Jahr nach der Absichtserklärung erteilt und nur, wenn sowohl Braut wie Bräutigam Zertifikate vorweisen können, die bezeugen, dass sie in den Elternschulen mit den Verantwortlichkeiten des Ehelebens gebührend vertraut gemacht worden sind.

72:3.9

Die Scheidungsregeln sind einigermaßen locker, aber die durch die Familiengerichte ausgesprochenen Scheidungsurteile können nicht vor einem Jahr nach der Registrierung des Antrags erhalten werden, und ein Jahr dauert auf diesem Planeten beträchtlich länger als auf Urantia. Trotz ihrer Gesetze, die das Scheiden leicht machen, beträgt die gegenwärtige Scheidungsrate nur ein Zehntel von derjenigen der zivilisierten Rassen Urantias.


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