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Letzter Besuch im nördlichen Peräa

2. Die zehn Aussätzigen

166:2.1

Am nächsten Tag ging Jesus mit den Zwölf nach Amathus, nahe der Grenze zu Samaria, hinüber, und als sie sich der Stadt näherten, trafen sie auf eine Gruppe von zehn Aussätzigen, die sich in der Nähe des Ortes aufhielten. Neun von ihnen waren Juden und einer ein Samaritaner. Üblicherweise hätten diese Juden jede Verbindung und jeden Kontakt mit dem Samaritaner vermieden, aber ihr gemeinsames Leiden war mehr als ausreichend, um alle religiösen Vorurteile zu überwinden. Sie hatten viel von Jesus und seinen früheren Wunderheilungen gehört, und da die Siebzig jeweils den Zeitpunkt, an dem man mit Jesu Ankunft rechnete, anzukündigen pflegten, wenn der Meister mit den Zwölfen auf diesen Rundreisen war, hatte man die zehn Aussätzigen darauf aufmerksam gemacht, dass er in der Gegend ungefähr um diese Zeit erwartet wurde. Und so hatten sie sich hier am Stadtrand aufgestellt, wo sie hofften, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und Heilung zu erbitten. Als die Aussätzigen Jesus näher kommen sahen, es aber nicht wagten, auf ihn zuzugehen, riefen sie ihm von weitem zu: „Meister, hab Erbarmen mit uns; reinige uns von unserem Gebrechen. Heile uns, wie du andere geheilt hast.“

166:2.2

Jesus hatte den Zwölfen eben erklärt, wieso die Nichtjuden von Peräa und die weniger orthodoxen Juden eher als die orthodoxeren und traditionsgebundeneren Juden von Judäa gewillt waren, an das von den Siebzig gepredigte Evangelium zu glauben. Er hatte sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Botschaft desgleichen von den Galiläern und sogar von den Samaritanern bereitwilliger aufgenommen worden war. Aber die zwölf Apostel waren noch kaum bereit, gegenüber den lange verachteten Samaritanern freundliche Gefühle zu hegen.

166:2.3

Als deshalb Simon Zelotes den Samaritaner unter den Aussätzigen bemerkte, versuchte er den Meister zu bewegen, geradewegs in die Stadt zu gehen, ohne auch nur anzuhalten, um mit ihnen Grüße zu wechseln. Da sagte Jesus zu Simon: „Aber wie, wenn der Samaritaner Gott ebenso liebt wie die Juden? Sollen wir über unsere Mitmenschen zu Gericht sitzen? Wer weiß, ob sich, wenn wir diese zehn Männer heilen, der Samaritaner nicht noch dankbarer erweisen wird als die Juden? Bist du deiner Meinung wirklich so sicher, Simon?“ Und Simon antwortete rasch: „Wenn du sie reinigst, wirst du es bald herausfinden.“ Und Jesus erwiderte: „So sei es, Simon, und bald wirst du die Wahrheit über die Dankbarkeit der Menschen und die liebende Barmherzigkeit Gottes erfahren.“

166:2.4

Jesus ging nahe an die Aussätzigen heran und sagte: „Wenn ihr geheilt werden wollt, dann geht unverzüglich und zeigt euch den Priestern, wie das Gesetz Moses es verlangt.“ Und im Weggehen wurden sie geheilt. Aber als der Samaritaner sah, dass er geheilt wurde, kehrte er um, und auf der Suche nach Jesus begann er, Gott mit lauter Stimme zu preisen. Und als er den Meister gefunden hatte, fiel er zu seinen Füßen auf die Knie nieder und dankte für seine Reinigung. Die neun übrigen, die Juden, hatten ihre Heilung ebenfalls entdeckt und waren ebenfalls dankbar für ihre Reinigung, aber sie setzten ihren Weg fort, um sich den Priestern zu zeigen.

166:2.5

Während der Samaritaner immer noch zu Jesu Füßen kniete, blickte der Meis­ter auf die Zwölf, und insbesondere auf Simon Zelotes, und sagte: „Haben wir nicht zehn gereinigt? Wo sind denn die anderen neun, die Juden? Nur einer, dieser Fremde, ist zurückgekehrt, um Gott zu lobpreisen.“ Und dann sagte er zum Samaritaner: „Steh auf und geh deiner Wege; dein Glaube hat dich gesund gemacht.“

166:2.6

Und wieder schaute Jesus seine Apostel an, während der Fremdling sich entfernte. Und alle Apostel schauten Jesus an mit Ausnahme Simons Zelotes, der mit niedergeschlagenen Augen dastand. Die Zwölf sprachen kein Wort. Auch Jesus sagte nichts; es war unnötig, dass er etwas sagte.

166:2.7

Obwohl alle zehn Männer tatsächlich glaubten, an Lepra erkrankt zu sein, waren nur vier von ihnen aussätzig. Die anderen sechs wurden von einer Hautkrankheit geheilt, die irrtümlich für Lepra gehalten worden war. Aber der Samaritaner hatte wirklich die Lepra.

166:2.8

Jesus schärfte den Zwölfen ein, nichts von der Reinigung der Aussätzigen verlauten zu lassen, und als sie nach Amathus hineingingen, bemerkte er: „Ihr seht, wie die Kinder des Hauses, auch wenn sie sich dem Willen des Vaters nicht unterwerfen, ihre Segnungen als selbstverständlich hinnehmen. Sie denken, es sei von geringer Bedeutung, wenn sie es versäumen, dem Vater für das Geschenk ihrer Heilung zu danken, aber die Fremden, die vom Herrn des Hauses Geschenke erhalten, sind von Staunen erfüllt und sehen sich genötigt, zu danken in Anerkennung der guten Dinge, die ihnen zuteil geworden sind.“ Und auch auf diese Worte des Meisters erwiderten die Apostel nichts.


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