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Der Berg der Verklärung

1. Die Verklärung

158:1.1

Am frühen Montagmorgen, dem 15. August, sechs Tage nach dem denkwürdigen mittäglichen Bekenntnis von Petrus unter den Maulbeerbäumen am Straßenrand, begannen Jesus und die drei Apostel mit der Besteigung des Berges Hermon.

158:1.2

Jesus war aufgefordert worden, ganz allein auf den Berg zu steigen, um wichtige Dinge im Zusammenhang mit dem Fortschritt seiner Selbsthingabe in Menschengestalt zu regeln, da diese Sendung das ganze Universum seiner eigenen Schöpfung betraf. Es ist bedeutsam, dass dieses außerordentliche Ereignis auf einen Zeitpunkt angesetzt wurde, da Jesus und die Apostel sich auf nichtjüdischem Territorium aufhielten, und dass es tatsächlich auf einem Berg der Nichtjuden stattfand.

158:1.3

Sie kamen an ihrem Bestimmungsort etwa auf halber Bergeshöhe kurz vor Mittag an, und beim Mittagessen erzählte Jesus den drei Aposteln etwas von dem, was er in den östlich vom Jordan gelegenen Bergen kurz nach seiner Taufe erlebt hatte, und auch noch etwas mehr von seinem Erlebnis auf dem Berg Hermon bei seinem früheren Aufenthalt an diesem einsamen Ort.

158:1.4

Als Junge pflegte Jesus auf die Anhöhe in der Nähe seines Elternhauses zu steigen und von den Schlachten zu träumen, die sich die Armeen von Imperien in der Ebene von Esdraelon geliefert hatten; jetzt bestieg er den Berg Hermon, um hier das Rüstzeug zu empfangen, das ihn darauf vorbereiten sollte, in die Ebenen des Jordans hinunterzusteigen und die Schlussszenen im Drama seiner Selbsthingabe auf Urantia zu spielen. Der Meister hätte an diesem Tag auf dem Berg Hermon den Kampf aufgeben und an die Spitze seines Universums zurückkehren können, aber er entschloss sich nicht nur, den Anforderungen seiner Ordnung göttlicher Sohnschaft zu genügen, wie sie im Mandat des Ewigen Sohnes des Paradieses enthalten sind, sondern er entschied sich auch, den tatsächlichen Willen seines Paradies-Vaters im letzten und vollsten Maße zu erfüllen. An diesem Augusttag sahen drei seiner Apostel mit an, wie er es ablehnte, mit voller Autorität über sein Universum ausgestattet zu werden. Staunend schauten sie zu, wie sich die himmlischen Boten entfernten und ihn allein ließen, sein irdisches Leben als Menschensohn und Gottessohn zu beenden.

158:1.5

Zum Zeitpunkt der Speisung der Fünftausend hatte der Glaube der Apostel einen Höhepunkt erreicht und war dann rapide fast bis auf Null abgesunken. Jetzt, nachdem der Meister sich zu seiner Göttlichkeit bekannt hatte, erklomm der erlahmte Glaube der Zwölf in den nächsten paar Wochen die höchsten Höhen, um danach wieder zunehmend zu schwinden. Zum dritten Mal lebte ihr Glaube erst nach des Meisters Auferstehung wieder auf.

158:1.6

Etwa um drei Uhr an diesem wunderschönen Nachmittag verließ Jesus die drei Apostel mit den Worten: „Ich will mich jetzt eine Weile zurückziehen, um mit meinem Vater und seinen Botschaftern zu sein. Ich bitte euch, hier auf meine Rückkehr zu warten und dafür zu beten, dass des Vaters Wille geschehe in allem, was ihr im Zusammenhang mit der weiteren Mission der Selbsthingabe des Menschensohnes erfahren werdet.“ Und nachdem er so zu ihnen gesprochen hatte, zog er sich zu einer langen Unterredung mit Gabriel und dem Vater Melchisedek zurück und kam erst gegen sechs Uhr wieder. Als Jesus ihre Besorgnis über seine lange Abwesenheit bemerkte, sagte er: „Wieso habt ihr euch geängstigt? Ihr wisst doch, dass ich mich um die Angelegenheiten meines Vaters kümmern muss; weshalb zweifelt ihr, wenn ich nicht bei euch bin? Ich erkläre jetzt, dass der Menschensohn entschlossen ist, sein ganzes Leben in eurer Mitte und als einer von euch zu leben. Seid guten Mutes; ich werde euch nicht verlassen, bevor mein Werk abgeschlossen ist.“

158:1.7

Während sie ihr karges Abendbrot einnahmen, fragte Petrus den Meister: „Wie lange bleiben wir noch auf diesem Berg, fern von unseren Brüdern?“ Und Jesus antwortete: „Bis ihr den verherrlichten Menschensohn gesehen habt und wisst, dass alles, was ich euch verkündet habe, wahr ist.“ Und während sie um die glimmenden Feuerreste herum saßen, sprachen sie über die Rebellion Luzifers, bis die Dunkelheit heraufzog und die Lider der Apostel schwer wurden; denn sie waren sehr früh am Morgen aufgebrochen.

158:1.8

Die drei hatten etwa eine halbe Stunde fest geschlafen, als sie plötzlich durch ein nahes Knistern aufgeweckt wurden; und als sie sich umschauten, erblickten sie Jesus sehr zu ihrer Verwunderung und Bestürzung in vertraulichem Gespräch mit zwei strahlenden Wesen, gekleidet in Lichtgewänder der himmlischen Welt. Und Gesicht und Gestalt Jesu strahlten im Glanze himmlischen Lichts. Die drei unterhielten sich in einer unbekannten Sprache, aber von gewissen gesagten Dingen her vermutete Petrus irrtümlich, dass die beiden Wesen bei Jesus Moses und Elija seien; in Wirklichkeit handelte es sich um Gabriel und den Vater Melchisedek. Die physischen Überwacher hatten es den Aposteln auf Jesu Wunsch hin ermöglicht, Zeugen dieser Szene zu werden.

158:1.9

Die drei Apostel erschraken so heftig, dass sie ihre Fassung nur langsam wiedergewannen, aber Petrus, der sich zuerst erholte, sagte, als die gleißende Vision vor ihnen dahinschwand und sie Jesus allein dastehen sahen: „Jesus, Meister, es ist gut, dass wir hier gewesen sind. Wir sind glücklich, diese Herrlichkeit zu sehen. Wir gehen nur ungern in die unrühmliche Welt da unten zurück. Wenn du einverstanden bist, lass uns hier bleiben und drei Zelte errichten, eines für dich, eines für Moses und eines für Elija.“ Petrus sagte das aus seiner großen Verwirrung heraus und weil ihm in diesem Augenblick gerade nichts Besseres einfiel.

158:1.10

Petrus sprach noch, als eine silberne Wolke näher kam und die vier überschattete. Die Apostel wurden nun von großer Furcht gepackt und fielen mit dem Gesicht zur Erde in Anbetung nieder. Da hörten sie eine Stimme sagen – es war dieselbe, die bei Jesu Taufe gesprochen hatte: „Dies ist mein geliebter Sohn; achtet auf ihn.“ Und als die Wolke verschwand, war Jesus mit den dreien wieder allein. Und er beugte sich zu ihnen hinab, berührte sie und sagte: „Steht auf und seid ohne Furcht; ihr sollt größere Dinge sehen als das.“ Aber die Apostel hatten wirklich Angst. Sie waren ein schweigsames und nachdenkliches Trio, als sie sich kurz vor Mitternacht bereitmachten, den Berg hinunterzusteigen.


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