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Der Aufenthalt in Tyrus und Sidon

2. Unterweisung in Sidon

156:2.1

Als sie in Sidon ankamen, gingen Jesus und seine Gefährten über eine Brücke, die erste, die viele von ihnen je gesehen hatten. Als sie sie überquerten, sagte Jesus unter anderem: „Diese Welt ist nur eine Brücke; man kann darüber gehen, aber man sollte nicht daran denken, ein Haus darauf zu bauen.“

156:2.2

Während die Vierundzwanzig sich in Sidon an die Arbeit machten, logierte sich Jesus etwas nördlich der Stadt im Haus der Justa und ihrer Mutter Bernice ein. Hier unterwies er die Vierundzwanzig jeden Morgen, und nachmittags und abends gingen sie nach Sidon hinüber, um zu lehren und zu predigen.

156:2.3

Die Apostel und Evangelisten wurden durch die Art, in der die Heiden von Sidon ihre Botschaft aufnahmen, mächtig angespornt. Viele wurden während ihres kurzen Aufenthaltes dem Königreich hinzugefügt. Die ungefähr sechswöchige Periode in Phönizien war eine sehr fruchtbare Zeit in der Arbeit der Seelengewinnung, aber die späteren jüdischen Verfasser der Evangelien pflegten den Bericht von dem warmen Empfang leichtfertig zu übergehen, den diese Heiden den Lehren Jesu zu einer Zeit bereiteten, als seine eigenen Leute ihm in großer Zahl feindlich gegenüberstanden.

156:2.4

In mancher Hinsicht würdigten diese nichtjüdischen Gläubigen die Lehren Jesu besser als die Juden. Viele von diesen Griechisch sprechenden Syrophöniziern gelangten nicht nur zur Erkenntnis, dass Jesus wie Gott war, sondern auch, dass Gott wie Jesus war. Diese so genannten Heiden vermochten die Lehren des Meis­ters über die Einheitlichkeit der Gesetze dieser Welt und des ganzen Universums gut zu verstehen. Sie erfassten die Lehre, dass Gott keinen Unterschied zwischen Personen, Rassen oder Nationen macht; dass es für den Universalen Vater keine Günstlingswirtschaft gibt; dass das Universum ganz und gar und auf ewig Gesetzen gehorcht und unfehlbar verlässlich ist. Diese Heiden hatten keine Angst vor Jesus; sie wagten, seine Botschaft anzunehmen. In den Zeitaltern danach waren die Menschen nicht unfähig, Jesus zu verstehen; aber sie hatten Angst davor.

156:2.5

Jesus gab den Vierundzwanzig klar zu verstehen, dass er nicht aus Mangel an Mut, seinen Feinden gegenüberzutreten, aus Galiläa geflohen war. Sie verstanden, dass er noch nicht bereit war für einen offenen Zusammenprall mit der bestehenden Religion und dass er nicht danach strebte, ein Märtyrer zu werden. Es war während einer dieser Unterweisungen im Hause von Justa, dass der Meister zum ersten Mal zu seinen Jüngern sagte: „Sollten auch Himmel und Erde vergehen, meine Worte der Wahrheit werden nicht vergehen.“

156:2.6

Das Thema der Unterweisungen Jesu während des Aufenthalts in Sidon war geistiger Fortschritt. Er sagte ihnen, sie könnten nicht stillstehen; sie müssten in Rechtschaffenheit vorwärts gehen, oder aber zurückfallen in Übel und Sünde. Er ermahnte sie, „zu vergessen, was der Vergangenheit angehört, während ihr energisch danach strebt, die größeren Realitäten des Königreichs zu erfassen“. Er bat sie inständig, sich nicht mit ihrem kindlichen Stadium im Evangelium zufrieden zu geben, sondern alles daranzusetzen, das volle Format göttlicher Sohnschaft in der Zwiesprache mit dem Geist und in der Bruderschaft der Gläubigen zu erreichen.

156:2.7

Jesus sagte: „Meine Jünger müssen nicht nur aufhören, Übles zu tun, sondern lernen, Gutes zu tun; ihr müsst nicht nur von aller bewussten Sünde rein sein, sondern ihr müsst euch auch weigern, irgendwelche Schuldgefühle zu hegen. Wenn ihr eure Sünden eingesteht, sind sie euch vergeben; deshalb sollt ihr euer Gewissen von begangenen Verfehlungen freihalten.“

156:2.8

Jesus hatte große Freude an dem ausgesprochenen Sinn für Humor, den diese Heiden an den Tag legten. Es war ebenso sehr der Sinn für Humor der Syrerin Norana wie ihr großer und beharrlicher Glaube, der des Meisters Herz so sehr rührte und an seine Barmherzigkeit appellierte. Jesus bedauerte tief, dass sein Volk, die Juden, so sehr des Humors entbehrten. Er sagte einmal zu Thomas: „Meine Landsleute nehmen sich selbst zu wichtig. Sinn für Humor geht ihnen fast gänzlich ab. Die bedrückende Religion der Pharisäer hätte niemals in einem Volk mit Sinn für Humor entstehen können. Es fehlt ihnen auch an Konsequenz; sie seihen Mücken und verschlucken Kamele.“


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