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Sie ziehen durch Samaria

2. Lektion über Selbstbeherrschung

143:2.1

Der Meister war ein vollendetes Beispiel menschlicher Selbstbeherrschung. Wurde er geschmäht, so schmähte er nicht; litt er, so stieß er keine Drohungen gegen seine Peiniger aus; klagten ihn seine Feinde öffentlich an, so vertraute er sich einfach dem gerechten Urteil seines Vaters im Himmel an.

143:2.2

An einer der abendlichen Zusammenkünfte fragte Andreas Jesus: „Meister, sollen wir uns in Selbstverleugnung üben, wie Johannes es uns gelehrt hat, oder sollen wir nach der von dir gelehrten Selbstbeherrschung streben? Worin unterscheidet sich deine Lehre von der des Johannes?“ Jesus antwortete: „Johannes lehrte euch in der Tat den Weg der Rechtschaffenheit gemäß den Erkenntnissen und den Gesetzen seiner Väter, und das war die Religion der Selbstprüfung und Selbstverleugnung. Aber ich komme mit einer neuen Botschaft der Selbstvergessenheit und Selbstbeherrschung. Ich zeige euch den Weg des Lebens, so wie mein Vater im Himmel ihn mir offenbart hat.

143:2.3

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, derjenige, der seinem eigenen Selbst gebietet, ist größer als derjenige, der eine Stadt erobert. Die Selbstbeherrschung ist das Maß für die sittliche Natur des Menschen und ein Hinweis auf seine geistige Entwicklung. Unter der alten Ordnung habt ihr gefastet und gebetet; als neue, aus dem Geiste geborene Geschöpfe werdet ihr gelehrt, zu glauben und euch zu freuen. In des Vaters Königreich sollt ihr neue Geschöpfe werden; das Alte wird dahinschwinden. Seht, ich zeige euch, wie alle Dinge neu werden sollen. Und durch eure Liebe füreinander sollt ihr die Welt davon überzeugen, dass ihr aus der Knechtschaft in die Freiheit und vom Tod ins ewige Leben geschritten seid.

143:2.4

Auf die alte Weise versucht man zu unterdrücken, zu gehorchen und sich an Lebensregeln zu halten. Auf die neue Weise werdet ihr zuerst durch den Geist der Wahrheit verwandelt und dadurch in tiefster Seele durch die ständige geistige Erneuerung eurer Verstandeskräfte gestärkt. Und so wird euch als Geschenk die Macht zuteil, sicher und freudig den gnadenreichen, angenehmen und vollkommenen Willen Gottes auszuführen. Vergesst nicht – es ist euer persönlicher Glaube an die außerordentlich großen und kostbaren Versprechen Gottes, der sicherstellt, dass ihr an der göttlichen Natur teilhaben werdet. So werdet ihr kraft eures Glaubens und dank der Verwandlung durch den Geist wahrhaftig zu Tempeln Gottes, und sein Geist wohnt wirklich in euch. Wenn also der Geist in euch wohnt, seid ihr nicht mehr Sklaven des Fleisches, sondern befreite, ungebundene Söhne des Geis­tes. Das neue Gesetz des Geistes schenkt euch die Freiheit der Selbstbeherrschung anstelle des alten Gesetzes, in dem die durch Selbstunterdrückung bewirkte Furcht herrscht und die Sklaverei der Selbstverleugnung.

143:2.5

Oft habt ihr nach einer schlechten Tat daran gedacht, sie dem Einfluss des Teufels zuzuschreiben, während euch in Wirklichkeit eure eigenen natürlichen Regungen vom rechten Weg abgebracht hatten. Hat euch nicht der Prophet Jeremia vor langer Zeit gesagt, das menschliche Herz sei voller Trug und manchmal sogar hoffnungslos verdorben? Wie leicht geschieht es euch, euch selbst zu betrügen und dadurch t­örichten Ängsten, manchen Süchten und versklavenden Vergnügungen, Bosheit, Neid und gar rachsüchtigem Hass zu erliegen!

143:2.6

Die Rettung geschieht durch die Erneuerung des Geistes und nicht durch selbstgerechte Taten des Fleisches. Der Glaube rechtfertigt euch, und die Gnade – nicht Furcht und Selbstverleugnung des Fleisches – ist eure Weggefährtin. Und trotzdem sind die aus dem Geiste geborenen Kinder des Vaters immer Meister ihres Selbst und all dessen, was mit den Begierden des Fleisches zu tun hat. Wenn ihr wisst, dass der Glaube euch rettet, dann habt ihr wirklichen Frieden mit Gott. Und alle, die dem Pfad dieses himmlischen Friedens folgen, sind dazu ausersehen, im ewigen Dienst der immer vorwärts schreitenden Söhne des ewigen Gottes geheiligt zu werden. Von nun an ist es keine Pflicht mehr, sondern viel eher euer erhabenes Vorrecht, eure Gedanken und Körper von allem Schlechten zu reinigen, während ihr nach der Vollkommenheit in der Liebe Gottes strebt.

143:2.7

Eure Sohnschaft liegt im Glauben begründet, und die Angst soll euch ungerührt lassen. Eure Freude entspringt aus dem Vertrauen in das göttliche Wort, und ihr sollt euch deshalb nicht dazu verführen lassen, die Realität der Liebe und Barmherzigkeit des Vaters in Zweifel zu ziehen. Die große Güte Gottes ist es, die die Menschen zu wahrer und echter Reue führt. Das Geheimnis eurer Selbstbeherrschung liegt in eurem Glauben an den euch innewohnenden Geist, der immer durch Liebe wirkt. Auch diesen rettenden Glauben habt ihr nicht aus euch selber; auch er ist das Geschenk Gottes. Und als Kinder dieses lebendigen Glaubens seid ihr nicht mehr die Sklaven des Selbst, sondern die siegreichen Meister eurer selbst und Gottes befreite Söhne.

143:2.8

Wenn ihr also, meine Kinder, aus dem Geiste geboren seid, dann seid ihr auch für immer von der ichbewussten Knechtschaft eines Lebens der Selbst­verleugnung und der Überwachung der Gelüste des Fleisches befreit, und ihr übersiedelt in das freudvolle Königreich des Geistes, dessen Früchte in eurem täglichen Leben spontan in Erscheinung treten; diese Früchte des Geistes sind die Essenz der höchsten Art freudiger und veredelnder Selbstbeherrschung, ja sogar der Gipfel irdischer, menschlicher Verwirklichung – wahre Herrschaft über sich selber.“


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