Eine der wichtigsten aller abendlichen Zusammenkünfte in Amathus war jene, bei der die geistige Einheit besprochen wurde. Jakobus Zebedäus hatte gefragt: „Wie können wir lernen, gleiche Anschauungen zu haben und uns dadurch größerer Harmonie untereinander zu erfreuen?“ Als Jesus diese Frage hörte, wurde sein Geist sehr aufgewühlt, so sehr, dass er erwiderte: „Jakobus, Jakobus, wann habe ich euch gelehrt, ihr sollt alle gleich denken? Ich bin in die Welt gekommen, um die geistige Freiheit zu verkündigen, damit die Sterblichen die Möglichkeit erhalten, ihr individuelles Leben in Originalität und Freiheit vor Gott zu leben. Ich wünsche nicht, dass soziale Harmonie und brüderlicher Friede durch Opferung der freien Persönlichkeit und der geistigen Eigenart erkauft werden sollen. Was ich von euch, meine Apostel, verlange, ist Einheit im Geiste, und diese könnt ihr in der Freude eurer gemeinsamen Hingabe an den von ganzem Herzen ausgeführten Willen meines Vaters im Himmel erleben. Ihr braucht weder gleicher Anschauung zu sein, noch gleich zu fühlen oder gar gleich zu denken, um im Geiste gleich zu sein. Geistige Einheit entsteht aus dem Bewusstsein, dass jeder von euch vom Geist, der Gabe des himmlischen Vaters bewohnt und zunehmend beherrscht wird. Euer apostolisches Einvernehmen muss aus der Tatsache erwachsen, dass diese geistige Hoffnung eines jeden von euch nach Ursprung, Natur und Bestimmung identisch ist.
Auf diese Weise könnt ihr eine vervollkommnete Einheit in geistiger Zielsetzung und geistigem Verständnis erfahren, die aus dem gemeinsamen Bewusstsein erwächst, dass jeder der euch bewohnenden Paradies-Geiste mit dem anderen identisch ist; und ihr könnt euch dieser tiefen geistigen Einheit erfreuen sogar angesichts der größten Verschiedenheit eurer individuellen Art intellektuellen Denkens, anlagebedingten Fühlens und sozialen Verhaltens. Eure Persönlichkeiten können sehr wohl erfrischend verschieden und betont unterschiedlich sein, aber eure geistige Natur und die Geistesfrüchte göttlicher Anbetung und brüderlicher Liebe können so einheitlich sein, dass alle, die eurer Leben betrachten, mit Sicherheit von dieser Geistesidentität und Seeleneinheit Kenntnis nehmen werden. Sie werden erkennen, dass ihr mit mir gewesen seid und dabei hinreichend gelernt habt, wie man den Willen des Vaters im Himmel tut. Ihr könnt die Einheit im Dienste Gottes gerade dadurch erlangen, dass ihr diesen Dienst in Übereinstimmung mit der Art eurer eigenen angestammten Gaben von Verstand, Körper und Seele tut.
Eure geistige Einheit schließt zwei Dinge ein, die man im Leben der einzelnen Gläubigen immer in Harmonie antrifft: Erstens besitzt ihr einen gemeinsamen Beweggrund für den Dienst des Lebens; ihr alle wünscht vor allen Dingen, den Willen des Vaters im Himmel zu tun. Zweitens habt ihr alle ein gemeinsames Existenzziel; ihr beabsichtigt alle, den Vater im Himmel zu finden, um dadurch dem Universum zu bekunden, dass ihr ihm ähnlich geworden seid.“
Während der Schulung der Zwölf kam Jesus oft auf dieses Thema zurück. Zu wiederholten Malen sagte er ihnen, er wünsche nicht, dass die, die an ihn glauben, durch Dogmen und Normen gebunden würden entsprechend den religiösen Auslegungen selbst guter Menschen. Immer und immer wieder warnte er seine Apostel vor der Formulierung von Glaubenssätzen und der Schaffung von Traditionen als Mittel zur Führung und Kontrolle derer, die an das Evangelium vom Königreich glauben.