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Johannes der Täufer

9. Vierzig Tage Predigen

135:9.1

Als Johannes zu seinen Jüngern zurückkehrte (er hatte deren jetzt fünfund­zwanzig bis dreißig, die ständig bei ihm lebten), fand er sie in ernstem Gedanken­austausch über das, was im Zusammenhang mit Jesu Taufe eben vor sich gegangen war. Sie waren noch viel erstaunter, als Johannes ihnen jetzt die Geschichte von Gabriels Besuch bei Maria vor der Geburt Jesu mitteilte und auch, dass Jesus, selbst nachdem er ihm dieses eröffnet hatte, kein Wort mit ihm gesprochen habe. Es regnete nicht an jenem Abend, und die dreißig oder mehr Männer sprachen noch lange miteinander in der sternklaren Nacht. Sie fragten sich, wohin Jesus wohl gegangen sein mochte und wann sie ihn wieder sehen würden.

135:9.2

Nach den Erlebnissen dieses Tages schlug Johannes in seiner Verkündigung des kommenden Königreichs und des erwarteten Messias gewisse neue Töne an. Diese vierzig Tage des sich Geduldens und Wartens auf Jesu Rückkehr waren eine spannungsgeladene Zeit. Aber Johannes fuhr fort, mit großer Macht zu predigen, und ungefähr um diese Zeit begannen auch seine Jünger, zu der dicht gedrängten Menge zu sprechen, die sich am Jordan um Johannes versammelte.

135:9.3

Im Laufe dieser vierzigtägigen Wartezeit breiteten sich viele Gerüchte im Land aus und gelangten sogar bis nach Tiberias und Jerusalem. Tausende kamen herüber, um den neuen Anziehungspunkt im Lager des Johannes, den angeblichen Messias, zu sehen, aber Jesus war nicht zu erblicken. Als die Jünger des Johannes erklärten, der seltsame Gottesmann sei in die Berge gegangen, bezweifelten manche die ganze Geschichte.

135:9.4

Etwa drei Wochen, nachdem Jesus sie verlassen hatte, erschien eine neue Abordnung der Priester und Pharisäer von Jerusalem am Ort des Geschehens bei Pella. Sie fragten Johannes geradeheraus, ob er Elija oder der von Moses verheißene Prophet sei; und als Johannes antwortete: „Ich bin es nicht“, erkühnten sie sich zu fragen: „Bist du der Messias?“, und Johannes antwortete wiederum: „Ich bin es nicht.“ Darauf sprachen die Männer aus Jerusalem: „Wenn du weder Elija, noch der Prophet, noch der Messias bist, warum taufst du dann die Leute und verursachst einen solchen Aufruhr?“ Und Johannes erwiderte: „Es ist eher an jenen, die mich gehört und meine Taufe empfangen haben, zu sagen, wer ich bin, aber ich, der ich mit Wasser taufe, erkläre euch, dass da einer unter uns war, der zurückkehren und euch mit dem Heiligen Geist taufen wird.“

135:9.5

Diese vierzig Tage waren für Johannes und seine Jünger eine schwierige Zeit. Was für eine Beziehung würde zwischen Johannes und Jesus bestehen? Hunderte von Fragen kamen zur Sprache. Politik und egoistische Ambitionen traten ins Spiel. Eingehende Diskussionen erhoben sich rund um die verschiedenen Ideen und Konzepte des Messias. Würde er ein militärischer Führer oder ein König wie David sein? Würde er die römischen Armeen schlagen wie Josua die Kanaaniter? Oder würde er ein geistiges Königreich errichten? Johannes entschied sich mit der Minderheit eher dafür, dass Jesus gekommen sei, um das Königreich des Himmels zu errichten, obwohl er sich nicht ganz klar war, was dieser Auftrag zur Errichtung des Königreichs des Himmels alles beinhalten würde.

135:9.6

Das waren anstrengende Tage in der Lebenserfahrung des Johannes, und er betete, Jesus möge zurückkehren. Einige seiner Jünger organisierten Spähtrupps, um auf die Suche nach Jesus zu gehen, aber Johannes verbot es ihnen mit den Worten: „Unsere Zeit liegt in der Hand Gottes im Himmel; er wird seinen auserwählten Sohn führen.“

135:9.7

Frühmorgens am Sabbat, dem 23. Februar, saß die Schar um Johannes beim Frühstück, als sie, gen Norden blickend, Jesus auf sie zukommen sahen. Als er sich ihnen genähert hatte, bestieg Johannes einen großen Felsblock und erhob seine klangvolle Stimme mit den Worten: „Seht den Sohn Gottes, den Erlöser der Welt! Er ist es, von dem ich gesagt habe: ‚Nach mir wird Einer kommen, der Vorrang vor mir hat, da er schon vor mir existierte.‘ Aus diesem Grunde bin ich aus der Wildnis gekommen, um Buße zu predigen und mit Wasser zu taufen und zu verkünden, dass das Königreich des Himmels nahe ist. Und jetzt kommt Einer, der euch mit dem Heiligen Geist taufen wird. Und ich schaute, wie der göttliche Geist auf diesen Mann herabstieg, und ich hörte Gottes Stimme, die sprach: ‚Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohl­gefallen habe.‘“

135:9.8

Jesus bat sie, zu ihrem Mahl zurückzukehren, während er sich hinsetzte, um mit Johannes zu essen. Seine Brüder Jakobus und Jude waren bereits nach Kapernaum zurückgegangen.

135:9.9

Früh am nächsten Morgen verabschiedete er sich von Johannes und seinen Jüngern und ging nach Galiläa zurück. Er ließ nichts darüber verlauten, wann sie ihn wieder sehen würden. Als Johannes sich bezüglich seiner eigenen Predigertätigkeit und Sendung erkundigte, antwortete Jesus nur: „Mein Vater wird dich jetzt und in Zukunft führen, wie er es in der Vergangenheit getan hat.“ Und die beiden großen Männer trennten sich an jenem Morgen am Ufer des Jordans und sollten einander auf Erden nie wieder begegnen.


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