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Die Epoche der Selbsthingabe Michaels

3. Unter den Heiden

121:3.1

Obwohl sich der römische Staat nicht in der besten sozialen und wirtschaftlichen Verfassung befand, waren doch der innere Friede und die Prosperität günstige Voraussetzungen für Michaels Selbsthingabe. Im ersten Jahrhundert nach Christus bestand die Gesellschaft des Mittelmeerraums aus fünf wohl definierten Schichten:

121:3.2

1. Die Aristokratie. Die oberen Klassen mit Geld und politischer Macht, die privilegierten und regierenden Gruppen.

121:3.3

2. Die Geschäftsgruppen. Die handeltreibenden Fürsten und die Bankiers, die Handelsleute – die großen Importeure und Exporteure – die internationalen Kaufleute.

121:3.4

3. Die kleine Mittelklasse. Obwohl tatsächlich klein, war diese Gruppe sehr einflussreich und lieferte das sittliche Rückgrat der frühchristlichen Kirche, welche diese Gruppen ermunterte, ihre verschiedenen Handwerke und Geschäfte weiterzuführen. Unter den Juden gehörten manche Pharisäer zu dieser Klasse von Handelsleuten.

121:3.5

4. Das freie Proletariat. Seine Vertreter besaßen einen geringen oder gar keinen sozialen Status. Sie waren auf ihre Freiheit stolz, aber sehr benachteiligt, da sie zum Wettbewerb mit der Sklavenarbeit gezwungen waren. Die oberen Klassen schauten verächtlich auf sie herab und fanden, sie seien zu nichts nütze, außer zu „Fortpflanzungszwecken“.

121:3.6

5. Die Sklaven. Die Hälfte der Bevölkerung des römischen Staates bestand aus Sklaven. Unter ihnen gab es viele höher stehende Einzelne, die sich inmitten des freien Proletariats und sogar der Händler rasch einen Weg nach oben bahnten. Aber die Mehrheit war entweder mittelmäßig oder sehr tiefstehend.

121:3.7

Die Versklavung auch höher stehender Völker war ein Merkmal der militärischen Eroberungen Roms. Der Herr hatte uneingeschränkte Gewalt über seinen Sklaven. Die frühe christliche Kirche setzte sich weitgehend aus Angehörigen der niederen Klassen und aus diesen Sklaven zusammen.

121:3.8

Höhere Sklaven wurden oft entlohnt und konnten sich mit ihrem ersparten Verdienst die Freiheit erkaufen. Viele dieser frei gewordenen Sklaven stiegen zu hohen Positionen in Staat, Kirche und Geschäftswelt auf. Und es waren gerade solche Möglichkeiten, die die frühe christliche Kirche so tolerant gegenüber dieser abgeänderten Form der Sklaverei machten.

121:3.9

Im ersten nachchristlichen Jahrhundert gab es im Römischen Reich kein weit verbreitetes soziales Problem. Die Mehrzahl der Bevölkerung betrachtete sich als derjenigen Klasse zugehörig, in die sie zufällig hineingeboren worden war. Es gab immer eine offene Tür, durch die begabte und fähige Einzelne aus den niedrigeren in die höheren Schichten der römischen Gesellschaft aufsteigen konnten; aber im Allgemeinen waren die Leute mit ihrem sozialen Rang zufrieden. Sie waren weder klassenbewusst, noch empfanden sie diese Klassenunterschiede als ungerecht oder falsch. Das Christentum war in keiner Hinsicht eine wirtschaftliche Bewegung mit dem Ziel, das elende Los der bedrückten Klassen zu verbessern.

121:3.10

Auch wenn die Frau überall im Römischen Reich mehr Freiheit genoss als unter den sie beengenden Bedingungen in Palästina, so übertrafen doch die Hingabe an die Familie und die natürliche Güte der Juden bei weitem jene der heidnischen Welt.


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