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Die Fundamente religiösen Glaubens

4. Die Tatsache der Erfahrung

102:4.1

Wegen der Gegenwart des Gedankenjustierers in eurem Verstand ist es für euch kein größeres Geheimnis, Gottes Gedanken zu kennen, als die Sicherheit zu haben, euch irgendeines anderen, ob menschlichen oder übermenschlichen, Verstandes bewusst zu sein. Religion und soziales Bewusstsein haben dieses gemeinsam: Sie fußen auf dem Bewusstsein der Mentalität anderer. Die Technik, durch welche ihr die Idee eines anderen als die eure annehmen könnt, ist dieselbe wie jene, durch welche ihr „das Denken, das in Christus war, auch in euch wohnen lassen“ könnt.

102:4.2

Was ist denn menschliche Erfahrung? Es ist ganz einfach die Wechselwir­kung zwischen einem aktiven und forschenden Selbst und irgendeiner anderen aktiven äußeren Realität. Die Masse der Erfahrung wird bestimmt durch die Tiefe der Vorstellung zuzüglich der gesamten Wahrnehmung der äußeren Realität. Die Bewegung der Erfahrung ist gleich der Kraft erwartungsvollen Vorstellungsvermögens zuzüglich der Schärfe sensorischer Entdeckung der äußeren Eigenschaften der kontaktierten Realität. Die Tatsache der Erfahrung liegt im Selbstbewusstsein zuzüglich anderer Wesenheit – anderer Dinglichkeit, anderer Gedanklichkeit und anderer Geistigkeit.

102:4.3

Der Mensch wird sich sehr früh bewusst, dass er in der Welt oder im Universum nicht allein ist. Er entwickelt ein natürliches spontanes Bewusstsein andersgearteter Gedanklichkeit im Umfeld seines Selbst. Der Glaube überträgt diese natürliche Erfahrung auf die Religion, die Wahrnehmung Gottes als der Realität – Quelle, Wesen und Endbestimmung – aller anderen Gedanklichkeit. Aber eine derartige Kenntnis Gottes ist immer und ewig eine Realität persönlicher Erfahrung. Wenn Gott keine Persönlichkeit wäre, könnte er kein lebendiger Teil der realen religiösen Erfahrung einer menschlichen Persönlichkeit werden.

102:4.4

Der in menschlicher religiöser Erfahrung vorhandene Anteil des Irrtums verhält sich direkt proportional zum materialistischen Inhalt, der das geistige Konzept des Universalen Vaters trübt. Der vorgeistige Fortschritt des Menschen im Universum besteht in der Erfahrung, sich dieser irrigen Ideen über Gottes Natur und die Realität reinen und wahren Geistes zu entledigen. Die Gottheit ist mehr als Geist, aber die geistige Annäherung ist die dem aufsteigenden Menschen einzig mögliche.

102:4.5

Allerdings gehört das Gebet zur religiösen Erfahrung, aber die modernen Religionen haben fälschlicherweise unter starker Vernachlässigung der weit wesentlicheren Verbindung mit Gott in der Anbetung den Hauptakzent auf das Gebet gelegt. Die das Nachdenken fördernden Verstandeskräfte vertiefen und weiten sich in der Anbetung. Wohl bereichert Beten das Leben, aber Anbetung erhellt die Bestimmung.

102:4.6

Offenbarte Religion ist das einigende Element der menschlichen Existenz. Offenbarung eint Geschichte, koordiniert Geologie, Astronomie, Physik, Chemie, Biologie, Soziologie und Psychologie. Geistige Erfahrung ist die wahre Seele des menschlichen Kosmos.


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