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Die wahre Natur der Religion

6. Fortschreitende religiöse Erfahrung

101:6.1

Die morontielle Phase offenbarter Religion hat mit der Erfahrung des Fortlebens zu tun, und sie ist von einem starken Drang nach geistiger Vollkom­menheit erfüllt. Ebenfalls vorhanden ist ein starkes höheres Bedürfnis nach Anbetung, verbunden mit einem zwingenden Ruf nach vermehrtem ethischem Dienst. Die morontielle Schau bringt ein sich erweiterndes Bewusstsein des Siebenfachen, des Supremen und sogar des Ultimen mit sich.

101:6.2

Durch die ganze religiöse Erfahrung hindurch, von ihrem frühesten Beginn auf der materiellen Ebene bis zum Erreichen des vollen geistigen Status, ist der Justierer das Geheimnis des persönlichen Gewahrwerdens von der Realität der Existenz des Supremen; und derselbe Justierer besitzt auch das Geheimnis eures Glaubens an ein transzendentes Erreichen des Ultimen. Die erfahrungsmäßige Persönlichkeit des sich entwickelnden Menschen, vereint mit dem Justierer, der die Essenz des exis­tentiellen Gottes ist, stellt das Potential zur Vollbringung der supremen Existenz dar und ist die naturgegebene Basis für das überendliche Erscheinen der transzendenten Persönlichkeit.

101:6.3

Sittliches Wollen schließt Entscheidungen in sich, die auf vernünftigem Wissen beruhen, durch Weisheit verstärkt und vom religiösen Glauben gutgeheißen werden. Solche Entscheidungen sind Akte sittlicher Natur und beweisen das Vorhandensein einer sittlichen Persönlichkeit, der Vorläuferin der morontiellen Persönlichkeit und letzten Endes des wahren geistigen Status.

101:6.4

Der evolutionäre Typ von Wissen ist nur die Anhäufung protoplasmatischen Erinnerungsmaterials; das ist die primitivste Form von Geschöpfesbewusstsein. Weisheit beinhaltet Ideen, die ausgehend vom protoplasmatischen Gedächtnis, in dem ein Prozess der Verknüpfung und Neukombination stattfindet, formuliert werden, und derartige Phänomene unterscheiden den menschlichen Verstand vom nur tierischen Verstand. Tiere haben Wissen, aber nur der Mensch besitzt die Fähigkeit zur Weisheit. Der mit Weisheit Begabte erhält Zugang zur Wahrheit durch die seinem Verstand geschenkten Geiste des Vaters und der Söhne, durch den Gedankenjustierer und den Geist der Wahrheit.

101:6.5

Als sich Christus Michael auf Urantia hingab, lebte er bis zu der Zeit seiner Taufe unter der Herrschaft der evolutionären Religion. Von diesem Augenblick an und bis und mit dem Ereignis seiner Kreuzigung ging er seiner Aufgabe unter der vereinigten Führung evolutionärer und offenbarter Religion nach. Vom Morgen seiner Auferstehung bis zu seiner Himmelfahrt durchlief er die vielgestaltigen Phasen des morontiellen Übergangslebens der Sterblichen von der Welt der Materie bis zu derjenigen des Geistes. Nach seiner Himmelfahrt wurde Michael Meister der Suprematieerfahrung, des Realisierens des Supremen; und da er die einzige Person Nebadons ist, die eine unbeschränkte Fähigkeit zur Erfahrung der Realität des Supremen besitzt, erreichte er augenblicklich den Status supremer Souveränität in seinem Lokaluniversum und über dieses.

101:6.6

Was den Menschen betrifft, so machen die schließliche Fusion und das durch sie bewirkte Einssein mit dem innewohnenden Justierer – die Persönlich­keitssynthese des Menschen und der Essenz Gottes – aus dem Menschen potentiell einen lebendigen Teil des Supremen und sichern diesem einst sterblichen Wesen das ewige Geburtsrecht zu, für den Supremen und mit ihm endlos nach der Finalität universellen Dienstes zu streben.

101:6.7

Die Offenbarung lehrt den Menschen, er sollte, um eine so wunderbare und fesselnde Abenteuerreise durch den Raum mittels der fortschreitenden Zeit zu unternehmen, damit beginnen, sein Wissen um Ideen-Entscheidungen herum zu organisieren und danach seiner Weisheit zu gebieten, unermüdlich an der edlen Aufgabe zu arbeiten, seine eigenen Ideen in immer praktischere, aber trotzdem himmlische Ideale umzuwandeln, in eben jene Konzepte, die als Ideen vernünftig genug und als Ideale logisch genug sind, damit der Justierer es wagen kann, sie so zu kombinieren und zu vergeistigen, dass sie im endlichen Verstand für eine Zusammenarbeit verfügbar werden, die aus ihnen die tatsächlichen menschlichen Partner für das Wirken des Geistes der Wahrheit der Söhne macht, die Zeit-Raum-Manifestationen der Wahrheit des Paradieses – der universalen Wahrheit. Die Koordinierung von Ideen-Entscheidungen, logischen Idealen und göttlicher Wahrheit bedeutet den Besitz eines rechtschaffenen Charakters, der die Voraussetzung für die Zulassung der Sterblichen zu den sich unablässig erweiternden und immer geistigeren Realitäten der morontiellen Welten ist.

101:6.8

Jesu Lehren bildeten die erste Religion Urantias, die eine derart volle harmonische Koordination von Wissen, Weisheit, Glauben, Wahrheit und Liebe enthielt, dass sie gleichzeitig und vollständig gewähren konnte: Ruhe in der Zeit, intellektuelle Gewissheit, sittliche Erleuchtung, philosophische Stabilität, ethisches Feingefühl, Gottesbewusstsein und die eindeutige Gewissheit persönlichen Fortlebens. Jesu Glaube wies den Weg nach der Endgültigkeit menschlicher Errettung, nach der Ultimität menschlicher Vollbringung im Universum, da er gewährte:

101:6.9

1. Errettung aus den materiellen Ketten durch das persönliche Innewerden der Sohnesbeziehung zu Gott, der Geist ist.

101:6.10

2. Errettung aus intellektueller Versklavung: Der Mensch soll die Wahrheit kennen lernen, und die Wahrheit wird ihn befreien.

101:6.11

3. Errettung aus geistiger Blindheit, das menschliche Gewahrwerden der Brüderlichkeit der sterblichen Wesen und das morontielle Bewusstsein der Bruders­chaft aller Universumsgeschöpfe; die Entdeckung geistiger Realität durch Dienen, und die Offenbarung der Güte der Geisteswerte durch tätige Liebe.

101:6.12

4. Errettung aus der Unvollständigkeit des Selbst durch Erreichen der geistigen Ebenen des Universums und durch die schließliche Verwirklichung der Harmonie Havonas und der Vollkommenheit des Paradieses.

101:6.13

5. Errettung vom Selbst, Erlösung aus den Begrenzungen des Selbst­be­wusstseins durch Erreichen der kosmischen Ebenen des Supremen Verstandes und durch Koordinierung mit dem von allen anderen selbstbewussten Wesen Vollbrachten.

101:6.14

6. Errettung aus der Zeit, die Erringung eines ewigen Lebens nie endenden Fortschritts in der Erkenntnis Gottes und im Dienst an ihm.

101:6.15

7. Errettung vom Endlichen, das vervollkommnete Einssein mit der Got­theit im Supremen und durch ihn, gestützt worauf das Geschöpf die transzendente Entdeckung des Ultimen auf den Nachfinalistenebenen des Absoniten versucht.

101:6.16

Solch ein siebenfaches Heil ist gleichbedeutend mit der Vollständigkeit und Vollkommenheit der Verwirklichung der ultimen Erfahrung des Universalen Vaters. Und all das ist potentiell in der Realität des Glaubens der menschlichen religiösen Erfahrung enthalten. Und es kann in dieser Weise darin enthalten sein, da Jesu Glaube sich von Realitäten nährte und sie offenbarte, die sogar noch jenseits des Ultimen lagen; Jesu Glaube kam dem Status eines universalen Absoluten nahe, insoweit etwas Derartiges in dem sich entwickelnden Kosmos von Zeit und Raum überhaupt manifestierbar ist.

101:6.17

Der sterbliche Mensch, der sich Jesu Glauben aneignet, kann schon in der Zeit einen Vorgeschmack von den Realitäten der Ewigkeit bekommen. Jesus machte – in menschlicher Erfahrung – die Entdeckung des Finalen Vaters, und seine sterblichen irdischen Brüder können ihm in dieser selben Erfahrung der Vater-Entdeckung nachfolgen. Sie können sogar, so wie sie sind, in dieser Erfahrung mit dem Vater dieselbe Befriedigung erreichen wie Jesus, so wie er war. Nach dieser letzten der Selbsthingaben Michaels wurden im Universum von Nebadon neue Potentiale Wirklichkeit, und eines von ihnen war das neue Licht, das auf den Pfad der Ewigkeit fiel, der zum Vater aller führt und der sogar von Sterblichen aus Fleisch und Blut während ihres ersten Lebens auf einem Planeten des Raums beschritten werden kann. Jesus war und ist der neue und lebendige Weg, über den der Mensch seine göttliche Erbschaft antreten kann, die nach des Vaters Beschluss die seine sein soll, wenn ihn bloß danach verlangt. In Jesus zeigen sich im Überfluss Anfang und Ende der Glaubenserfahrung der Menschheit, selbst einer göttlichen Menschheit.


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