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Schrift 144
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Auf dem Gilboa und in der Dekapolis

1. Das Lager auf dem Berg Gilboa

144:1.1

Im Laufe der Zeit wurden die Zwölf Jesu gegenüber immer ergebener, und sie arbeiteten mit zunehmendem Einsatz für das Königreich. Ihre Ergebenheit gründete größtenteils auf persönlicher Treue. Sie erfassten seine vielseitige Lehre nicht, und sie vermochten Jesu Natur oder die Bedeutung seiner Selbsthingabe auf Erden nicht völlig zu verstehen.

144:1.2

Jesus machte seinen Aposteln klar, dass sie sich aus drei Gründen zurückgezogen hatten:

144:1.3

1. Um ihr Verständnis des Evangeliums des Königreichs und ihren Glauben daran zu festigen.

144:1.4

2. Um den Widerstand gegen ihr Werk in Judäa und Galiläa abklingen zu lassen.

144:1.5

3. Um das Schicksal Johannes‘ des Täufers abzuwarten.

144:1.6

Im Laufe dieser Wartezeit auf Gilboa erzählte Jesus den Zwölfen viel über seine Jugend und seine Erlebnisse auf dem Berg Hermon; er enthüllte ihnen auch einiges von dem, was in den Bergen während der vierzig Tage unmittelbar nach seiner Taufe geschehen war. Und er erteilte ihnen die bestimmte Anweisung, vor seiner Rückkehr zu seinem Vater niemandem etwas über diese Erlebnisse zu sagen.

144:1.7

Während dieser Septemberwochen ruhten sie sich aus, unterhielten sich und erzählten einander ihre Erlebnisse seit dem Tage, da Jesus sie zum Dienst gerufen hatte, und unternahmen eine ernsthafte Anstrengung, um zu koordinieren, was der Meister sie bis dahin gelehrt hatte. Bis zu einem gewissen Grade fühlten alle, dass dies ihre letzte Gelegenheit sein würde, längere Zeit zu ruhen. Es war ihnen bewusst, dass ihre bevorstehende Öffentlichkeitsarbeit in Judäa oder Galiläa den Beginn der endgültigen Verkündigung des kommenden Königreichs bedeuten würde, aber sie hatten nur eine schwache oder unbestimmte Vorstellung davon, was das Königreich bei seinem Kommen sein würde. Johannes und Andreas dachten, das Königreich sei bereits gekommen; Petrus und Jakobus glaubten, es werde erst noch kommen; Nathanael und Thomas gestanden offen ein, vor einem Rätsel zu stehen; Matthäus, Philipp und Simon Zelotes waren unsicher und verwirrt; die Zwillinge wussten in ihrer seligen Unwissenheit von der Streitfrage nichts; und Judas Iskariot war schweigsam und zurückhaltend.

144:1.8

Einen großen Teil dieser Zeit verbrachte Jesus allein auf dem Berg in der Nähe des Lagers. Gelegentlich nahm er Petrus, Jakobus oder Johannes mit sich, aber öfter entfernte er sich, um allein zu beten oder zu kommunizieren. Nach der Taufe Jesu und den vierzig Tagen in den Bergen von Peräa ist es kaum zutreffend, von diesen Perioden der Verbindung mit seinem Vater als von Beten zu sprechen, noch stimmt es zu sagen, er sei in Anbetung gewesen, aber es ist insgesamt richtig, diese Perioden als persönliche Verbindung mit seinem Vater zu bezeichnen.

144:1.9

Während des ganzen Monats September waren Gebet und Anbetung das beherrschende Diskussionsthema. Nachdem sie einige Tage lang die Anbetung besprochen hatten, hielt Jesus schließlich seine denkwürdige Rede über das Gebet als Antwort auf Thomas‘ Bitte: „Meister, lehre uns beten.“

144:1.10

Johannes hatte seine Jünger ein Gebet gelehrt, ein Gebet zur Rettung im kommenden Königreich. Obwohl Jesus seinen Anhängern nie verbot, die Gebetsform des Johannes zu gebrauchen, merkten die Apostel schon sehr früh, dass ihr Mei­ster die Gewohnheit des Hersagens von festen und förmlichen Gebeten nicht ganz guthieß. Trotzdem baten Gläubige ständig darum, im Beten unterwiesen zu werden. Die Zwölf sehnten sich danach zu wissen, welche Gebetsform Jesus billigen würde. Hauptsächlich wegen dieses Bedürfnisses nach einem schlichten Gebet für das einfache Volk willigte Jesus diesmal als Antwort auf Thomas‘ Bitte ein, sie eine suggestive Form des Gebets zu lehren. Jesus gab diese Lektion an einem Nachmittag der dritten Woche ihres Aufenthaltes auf dem Berg Gilboa.


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