Von Palästina aus gingen einige Missionare Melchisedeks durch Mesopotamien bis zur großen iranischen Hochebene. Über fünfhundert Jahre lang machten die Lehrer aus Salem im Iran Fortschritte, und die ganze Nation war dabei, sich der Religion Melchisedeks zuzuneigen, als ein Herrscherwechsel eine erbitterte Verfolgung auslöste, die den monotheistischen Lehren des Salemkults praktisch ein Ende setzte. Die Lehre vom Bund mit Abraham war in Persien praktisch erloschen, als in jenem großen Jahrhundert sittlicher Renaissance, dem sechsten vor Christus, Zarathustra auftrat und die schwelende Glut des Evangeliums Salems neu anfachte.
Dieser Begründer einer neuen Religion war ein viriler und abenteuerlustiger junger Mann, der während seiner ersten Pilgerreise nach Ur in Mesopotamien – nebst vielen anderen Überlieferungen – von der Rebellion Caligastias und Luzifers erfuhr, was alles stark an seine religiöse Natur appellierte. Und auf einen Traum hin, den er während seines Aufenthaltes in Ur hatte, entwarf er nun den Plan, in seine Heimat im Norden zurückzukehren und sich daran zu machen, die Religion seines Volkes umzugestalten. Er hatte die hebräische Idee von einem Gott der Gerechtigkeit, das mosaische Konzept der Göttlichkeit, in sich aufgenommen. Er hatte eine klare Vorstellung von einem höchsten Gott, und er setzte alle anderen Götter auf die Stufe von Teufeln herab, verwies sie in die Ränge der Dämonen, von denen er in Mesopotamien gehört hatte. Er hatte von den sieben Hauptgeisten erfahren, von denen die Überlieferung Urs noch zu berichten wusste, und folglich schuf er eine Galaxie von sieben höchsten Göttern mit Ahura-Mazda an ihrer Spitze. Diese untergeordneten Götter verknüpfte er mit der Idealisierung des Gerechten Gesetzes, des Guten Gedankens, der Edlen Regierung, des Heiligen Charakters, der Gesundheit und der Unsterblichkeit.
Und diese neue Religion war eine Religion des Handelns – der Arbeit – nicht der Gebete und Rituale. Ihr Gott war ein Wesen von höchster Weisheit und der Schutzherr der Zivilisation; es war eine militante religiöse Philosophie, die es wagte, den Kampf gegen das Üble, gegen Untätigkeit und Rückständigkeit aufzunehmen.
Zarathustra lehrte nicht die Anbetung des Feuers, aber er wollte die Flamme als Sinnbild des reinen und weisen Geistes universaler und höchster Herrschaft verwenden. (Es ist nur allzu wahr, dass seine späteren Anhänger dieses symbolische Feuer sowohl verehrten als auch anbeteten.) Nach der Bekehrung eines iranischen Fürsten wurde diese neue Religion schließlich durch das Schwert verbreitet. Und Zarathustra fiel heroisch im Kampf für das, woran er als die „Wahrheit des Herrn des Lichts“ glaubte.
Der Zoroastrismus ist das einzige urantianische Glaubensbekenntnis, in dem die dalamatianischen und edenischen Lehren von den Sieben Hauptgeisten überdauert haben. Obwohl es ihm nicht gelang, das Trinitätskonzept zu entwickeln, näherte er sich in gewissem Sinne demjenigen des Siebenfachen Gottes. Der ursprüngliche Zoroastrismus war nicht ein reiner Dualismus. Auch wenn die frühen Lehren das Böse tatsächlich als ein der Güte in der Zeit Zugeordnetes darstellten, ging es in der Ewigkeit endgültig in der letztendlichen Realität des Guten auf. Erst in späterer Zeit schenkte man der Vorstellung Glauben, dass das Gute und das Böse gleichberechtigt miteinander kämpften.
Die jüdischen Überlieferungen von Himmel und Hölle und die Vorstellung von Dämonen in den hebräischen Schriften, obwohl auf dem Rest des über Luzifer und Caligastia Überlieferten beruhend, stammten indessen hauptsächlich von den Zoroastriern der Zeit, als die Juden unter der politischen und kulturellen Herrschaft der Perser standen. Wie die Ägypter lehrte auch Zarathustra den „Tag des Gerichts“, aber er verband dieses Ereignis mit dem Ende der Welt.
Sogar die Religion, die in Persien auf den Zoroastrismus folgte, war stark von ihm geprägt. Als die iranischen Priester versuchten, die Lehren Zarathustras umzustürzen, ließen sie den alten Mithraskult neu aufleben. Und der Mithraismus breitete sich über die ganze Levante und die Mittelmeergegenden aus und existierte eine Zeitlang gleichzeitig mit Juden- und Christentum. Zarathustras Lehren prägten somit nacheinander drei große Religionen: Judentum und Christentum und durch sie den Mohammedanismus.
Aber es liegen Meilen zwischen den erhabenen Lehren und edlen Psalmen Zarathustras und den modernen Entstellungen seines Evangeliums durch die Parsen mit ihrer großen Furcht vor den Toten, verbunden mit ihrem Glauben an Sophistereien, die zu ermuntern Zarathustra sich nie herabgelassen hätte.
Dieser große Mann gehörte zu jener einzigartigen Gruppe, die sich im sechsten Jahrhundert vor Christus erhob, um das Licht Salems davor zu bewahren, völlig und endgültig zu verlöschen, als es nur noch so schwach brannte, um dem Menschen in seiner verdunkelten Welt den Pfad zu weisen, der zum ewigen Leben führt.