◄ 71:2
Schrift 71
71:4 ►

Entwicklung des Staates

3. Die Ideale des Staates

71:3.1

Die politische oder administrative Form einer Regierung ist von geringer Bedeutung, vorausgesetzt sie bietet das Wesentliche für zivilen Fortschritt: Freiheit, Sicherheit, Bildung und gesellschaftliche Koordination. Nicht was ein Staat ist, sondern was er tut, bestimmt den Lauf der gesellschaftlichen Evolution. Und letztenendes kann kein Staat über die sittlichen Werte seiner Bürger hinausgehen, wie sie in deren gewählten Führern zum Ausdruck kommen. Unwissenheit und Selbstsucht werden mit Sicherheit den Sturz auch einer Regierung des höchsten Typs herbeiführen.

71:3.2

So sehr dies auch zu bedauern ist, so war doch nationale Selbstüberhebung für das Überleben der Gesellschaft wesentlich. Die Doktrin vom auserwählten Volk war bis in die neueste Zeit ein Hauptfaktor für das Zusammenschweißen der Stämme und die Errichtung von Nationen. Aber kein Staat kann Stufen idealen Funktionierens erreichen, bevor nicht jede Form von Intoleranz überwunden ist; diese ist menschlichem Fortschritt ewig Feind. Und Intoleranz wird am besten durch eine Koordination von Wissenschaft, Handel, Spiel und Religion bekämpft.

71:3.3

Der ideale Staat funktioniert unter dem Antrieb von drei mächtigen und koordinierten Kräften:

71:3.4

1. Liebe und Treue, die aus der Bewusstwerdung der menschlichen Bruderschaft fließen.

71:3.5

2. Intelligenter Patriotismus, der auf weisen Idealen beruht.

71:3.6

3. Kosmische Erkenntnis in ihrer Anwendung auf planetarische Fakten, Bedürfnisse und Ziele.

71:3.7

Der Gesetze des Idealstaates sind nicht viele, und sie sind aus dem verneinenden Tabuzeitalter übergegangen in eine Ära des bejahenden Fortschritts individueller Freiheit, die aus größerer Selbstbeherrschung erwächst. Der hoch stehende Staat zwingt seine Bürger nicht nur zur Arbeit, sondern verlockt sie auch zu nützlichem und stimulierendem Gebrauch ihrer zunehmenden Freizeit dank dem fortschreitenden Maschinenzeitalter, das sie von drückender Arbeit befreit. Muße muss sowohl produzieren als auch konsumieren.

71:3.8

Keine Gesellschaft hat es je sehr weit gebracht, wenn sie Müßiggang zugelassen oder Armut geduldet hat. Aber Armut und Abhängigkeit können nie zum Verschwinden gebracht werden, solange die geschädigten und degenerierten Bevölkerungsteile großzügig unterhalten werden und man ihnen erlaubt, sich ungehemmt fortzupflanzen.

71:3.9

Das Ziel einer sittlichen Gesellschaft sollte sein, die Selbstachtung ihrer Bürger zu bewahren und jedem normalen Einzelnen eine passende Gelegenheit zur Selbstverwirklichung zu verschaffen. Solch ein Plan sozialer Erfüllung würde eine kulturelle Gesellschaft höchster Art hervorbringen. Die soziale Entwicklung sollte von der Regierung ermutigt und unter Ausübung eines Minimums an regelnder Lenkung überwacht werden. Der beste Staat ist derjenige, der am meisten koordiniert und am wenigsten regiert.

71:3.10

Die Staatsideale müssen durch Evolution erreicht werden, durch das langsame Wachstum staatsbürgerlichen Bewusstseins, durch die Anerkennung der Pflicht und des Vorrechts sozialen Dienens. Nach dem Ende der Verwaltung durch politische Plünderer nehmen die Menschen die Regierungslast zuerst als eine Pflicht auf sich, aber später streben sie nach solch einem Amt als einem Privileg, als höchster Ehre. Der Status irgendeiner Zivilisationsstufe spiegelt sich getreulich im Format der Bürger wider, die freiwillig die Verantwortung im Staat übernehmen.

71:3.11

In einem richtigen Gemeinwesen wird das Regieren von Städten und Provinzen durch Sachverständige besorgt und genauso wie alle anderen Formen wirtschaftlicher oder geschäftlicher menschlicher Zusammenschlüsse gehandhabt.

71:3.12

In fortgeschrittenen Staaten gilt der politische Dienst als höchste Form der Hingabe des Bürgers. Der größte Ehrgeiz der weisesten und edelsten Bürger ist darauf gerichtet, zivile Anerkennung zu gewinnen, um durch Wahl oder Ernennung irgendeinen Vertrauensposten in der Regierung zu erhalten, und solche Regierungen zeichnen ihre zivilen und sozialen Diener in Anerkennung geleisteter Dienste mit den höchsten Ehren aus. Erst nach ihnen werden mit Ehrungen in dieser Reihenfolge bedacht: die Philosophen, Erzieher, Wissenschaftler, Industriellen und die Militärpersonen. Die Eltern werden gebührend belohnt durch die Vortrefflichkeit ihrer Kinder, und die rein religiösen Führer, Botschafter eines geistigen Reichs, erhalten ihre wahre Belohnung in einer anderen Welt.


◄ 71:2
 
71:4 ►