◄ 62:4
Schrift 62
62:6 ►

Die Dämmerstunde der primitiven Menschenrassen

5. Die ersten menschlichen Wesen

62:5.1

Zwischen dem Jahr 1934 n. Chr. und der Geburt der zwei ersten menschlichen Wesen liegen genau 993 419 Jahre.

62:5.2

Diese beiden bemerkenswerten Geschöpfe waren richtige Menschenwesen. Sie besaßen vollkommene menschliche Daumen wie auch viele ihrer Vorfahren, hingegen waren ihre Füße ebenso vollkommen wie diejenigen der heutigen Menschenrassen. Sie gingen und rannten, waren aber keine Kletterer; die Greif­funktion der großen Zehe fehlte, fehlte völlig. Wenn Gefahr sie in die Baum­wipfel hinauftrieb, kletterten sie genau in der Art heutiger Menschen hinauf. Sie erkletterten einen Baumstamm wie ein Bär und nicht wie ein Schim­panse oder ein Gorilla, die sich an den Ästen hinaufschwingen.

62:5.3

Diese ersten Menschenwesen (und ihre Nachkommen) erreichten die volle Reife mit zwölf Jahren, und ihre Lebenserwartung betrug rund fünfundsiebzig Jahre.

62:5.4

Schon früh erschienen in diesen menschlichen Zwillingen viele neue Gefühle. Es regte sich in ihnen Bewunderung sowohl für Gegenstände wie für andere Wesen, und sie legten beträchtliche Eitelkeit an den Tag. Aber der bemer­kens­­werteste Fortschritt in der gefühlsmäßigen Entwicklung war das plötzliche Auftreten einer neuen Gruppe wahrhaft menschlicher Gefühle, derjenigen der Anbetung, die heilige Scheu, Ehrfurcht, Demut und sogar eine primitive Form von Dankbarkeit umfassten. Furcht, verbunden mit Unkenntnis der natürlichen Phänomene, gebiert sehr bald eine primitive Religion.

62:5.5

Nicht nur solche menschlichen Gefühle äußerten sich in diesen primitiven Menschenkindern, sondern viele hoch entwickelte Gefühle waren in ihnen ebenfalls in rudimentärer Form vorhanden. Sie empfanden halbwegs Erbarmen, Scham und Schande, sie waren sich heftiger Liebes-, Hass- und Rachegefühle bewusst und waren auch ausgesprochen neidischer Regungen fähig.

62:5.6

Diese ersten beiden Menschen – die Zwillinge – waren für ihre Primaten­eltern eine große Prüfung. Sie waren derart neugierig und abenteuerlustig, dass sie, noch bevor sie acht Jahre alt waren, bei zahlreichen Gelegenheiten beinah ihr Leben verloren hätten. So wundert es nicht, dass sie schon mit zwölf Jahren von Narben bedeckt waren.

62:5.7

Sehr früh lernten sie, mit Worten zu kommunizieren; bis zum Alter von zehn Jahren hatten sie eine verbesserte Zeichen- und Wortsprache von fast fünfzig Begriffen ausgearbeitet und die grobe Kommunikationstechnik ihrer Vorfahren bedeutend verbessert und erweitert. Aber wie sehr sie sich auch darum bemühten, es gelang ihnen nicht, ihren Eltern mehr als nur ein paar wenige ihrer neuen Zeichen und Symbole beizubringen.

62:5.8

Als sie etwa neun Jahre alt waren, wanderten sie an einem strahlenden Tag am Fluss entlang und besprachen sich in denkwürdiger Weise. Alle auf Urantia stationierten himmlischen Intelligenzen, ich inbegriffen, waren anwesend, um zu beobachten, was an diesem mittäglichen Treffen geschehen würde. An diesem bedeutsamen Tag kamen sie überein, miteinander und füreinander zu leben, und das war die erste einer Serie solcher Abmachungen, die schließlich in dem Entschluss gipfelten, von ihren niedrigeren tierischen Gefährten fortzufliehen und nordwärts zu ziehen, wobei sie kaum ahnten, dass sie im Begriff waren, die menschliche Rasse zu begründen.

62:5.9

Während uns alle im höchsten Maß beschäftigte, was diese zwei kleinen Wilden im Schilde führten, waren wir doch machtlos, das Funktionieren ihres Verstandes zu kontrollieren; wir beeinflussten ihre Entscheidungen nicht willkürlich – wir konnten es nicht. Aber innerhalb der erlaubten Grenzen planetarischer Funktion wirkten wir Lebensbringer zusammen mit unseren Mitarbeitern darauf hin, die menschlichen Zwillinge nach Norden und von ihren haarigen und teilweise baumbewohnenden Angehörigen wegzuführen. Und so wanderten die Zwillinge aufgrund ihrer eigenen intelligenten Wahl tatsächlich aus, und wegen unserer Lenkung wanderten sie nach Norden in eine abgelegene Gegend, wo sie der Möglichkeit eines biologischen Abstiegs durch Mischung mit ihren niedrigeren Verwandten der Primatenstämme entgingen.

62:5.10

Kurz bevor sie ihre heimatlichen Wälder verließen, verloren sie bei einem durch Gibbons verübten Überfall ihre Mutter. Diese besaß zwar nicht die Intelligenz ihrer Sprösslinge, aber sie empfand für sie eine lobenswerte Säugerzuneigung hoher Art, und furchtlos gab sie ihr Leben hin, als sie versuchte, das wunderbare Paar zu retten. Und ihr Opfer war nicht umsonst, denn sie hielt den Feind so lange in Schach, bis der Vater mit Verstärkung anrückte und die Angreifer in die Flucht schlug.

62:5.11

Bald nachdem die beiden Geschwister ihre Angehörigen verlassen hatten, um die menschliche Rasse zu begründen, wurde ihr Primatenvater untröstlich – sein Herz zerbrach. Er weigerte sich zu essen, auch wenn seine übrigen Kinder ihm Nahrung brachten. Nachdem seine hochbegabten Kinder verschwunden waren, schien ihm das Leben unter seinen gewöhnlichen Gefährten nicht mehr lebenswert; und so irrte er in den Wald hinaus, wo ihm feindliche Gibbons nachstellten und ihn totschlugen.


◄ 62:4
 
62:6 ►