Diese Periode wurde durch eine weitere rasche Evolution der Plazenta-Säugetiere charakterisiert, denn in dieser Zeit entwickelten sich die fortgeschritteneren Formen des Säugerlebens.
Obwohl die frühen Plazenta-Säugetiere von fleischfressenden Ahnen abstammten, entwickelten sich sehr rasch Pflanzen fressende Zweige, und es dauerte nicht lange, ehe auch Allesfresser-Säugerfamilien auftraten. Die Angiospermen waren die hauptsächliche Nahrung der sich rasch vermehrenden Säugetiere, denn die heutige Erdflora einschließlich der meisten jetzigen Pflanzen und Bäume war schon während früherer Perioden erschienen.
Vor 35 000 000 Jahren beginnt das Zeitalter der Weltbeherrschung durch die Plazenta-Säugetiere. Die südliche Landbrücke war sehr breit und verband den damals riesigen antarktischen Kontinent mit Südamerika, Südafrika und Australien. Trotz der Ballung von Land in hohen Breiten blieb das Erdklima wegen der enormen Vergrößerung der tropischen Meere relativ mild, und das Land lag nicht hoch genug, um Gletscher zu bilden. In Grönland und Island kam es zu ausgedehnten Lavaaustritten, wobei zwischen deren Schichten einige Kohle abgelagert wurde.
In der Fauna des Planeten geschahen bedeutende Veränderungen. Ein großer Umbruch vollzog sich im Meeresleben; die meisten der heutigen Meerestierordnungen existierten schon, und die Foraminiferen spielten weiterhin eine wichtige Rolle. Das Insektenleben glich ziemlich demjenigen der vorangehenden Ära. Die Fossilienlager von Florissant in Colorado gehören den späteren Jahren dieser fernen Zeiten an. Die meisten der heute lebenden Insektenfamilien gehen auf diese Periode zurück, aber viele der damals existierenden sind jetzt ausgestorben, wenn uns auch ihre Fossilien bleiben.
Auf dem Festland war es vor allem ein Zeitalter der Erneuerung und Weiterverbreitung der Säugetiere. Von den früheren, primitiveren Säugern waren über hundert Arten ausgestorben, bevor diese Periode zu Ende ging. Auch die Säuger mit großem Wuchs und kleinem Hirn verschwanden bald. Intelligenz und Beweglichkeit waren im fortschreitenden tierischen Überlebenskampf an die Stelle von Bewaffnung und Körpergröße getreten. Und während die Familie der Dinosaurier im Niedergang begriffen war, wurden die Säugetiere langsam zu Herren der Erde und rotteten den Rest ihrer Reptilien-Vorfahren rasch und vollständig aus.
Zeitgleich mit dem Verschwinden der Dinosaurier vollzogen sich in den verschiedenen Zweigen der Saurierfamilie andere tiefgreifende Veränderungen. Die überlebenden Angehörigen der frühen Reptilienfamilie sind Schildkröten, Schlangen, Krokodile und der altehrwürdige Frosch. Diese Gruppe stellt alles dar, was von den früheren Vorfahren des Menschen übriggeblieben ist.
Viele Säugergruppen gingen auf ein einziges, jetzt ausgestorbenes Tier zurück. Dieses fleischfressende Geschöpf war so etwas wie eine Kreuzung zwischen einer Katze und einer Robbe; es konnte auf dem Land oder im Wasser leben und war hochintelligent und sehr aktiv. In Europa entwickelten sich die Vorläufer der Hundefamilie, aus denen bald viele kleine Hundearten hervorgingen. Um dieselbe Zeit erschienen die Nager, unter ihnen die Biber, Eichhörnchen, Ziesel, Mäuse und Kaninchen, und sie wurden bald zu einer wichtigen Form des Lebens. Es hat sich seither an dieser Familie kaum etwas geändert. Die späteren Ablagerungen dieser Periode enthalten die fossilen Überreste von Hund, Katze, Waschbär und Wiesel in einer Vorläuferform.
Vor 30 000 000 Jahren begannen die modernen Säugertypen aufzutreten. Bislang hatten die Säuger in ihrer Mehrzahl in den Bergen gelebt, da sie den montanen Arten angehörten; plötzlich setzte die Entwicklung des behuften Flachlandtyps, der grasenden Gattung, ein im Unterschied zu den Klauen besitzenden Fleischfressern. Diese Grasfresser stammten von einem undifferenzierten Ahnen ab, der fünf Zehen und vierundvierzig Zähne besaß und noch vor Ende des Zeitalters ausstarb. Die Zehenentwicklung ging während dieser Periode nicht über drei hinaus.
Das Pferd, ein hervorragendes Evolutionsbeispiel, lebte in diesen Zeiten sowohl in Nordamerika als auch in Europa, obwohl es sich erst in der späteren Eiszeit voll entwickelte. Die Familie der Nashörner trat am Ende dieser Periode auf, erfuhr ihre größte Verbreitung aber erst später. Auch ein kleines, schweineähnliches Geschöpf entwickelte sich, das zum Ahnen der vielen Arten von Schweinen, Bisamschweinen und Flusspferden wurde. Kamele und Lamas hatten ihren Ursprung um die Mitte dieser Periode in Nordamerika und nahmen die Prärien des Westens in Besitz. Später wanderten Lamas nach Südamerika und Kamele nach Europa aus, und bald erloschen sie beide in Nordamerika, wo indessen einige Kamele bis in die Eiszeit hinein überlebten.
Um diese Zeit ereignete sich im Westen Nordamerikas etwas Bemerkenswertes: Die frühen Vorläufer der alten Lemuren erschienen. Obwohl man diese Familie nicht als echte Lemuren betrachten kann, bedeutet doch ihr Kommen den Beginn der Linie, welcher später die richtigen Lemuren entsprangen.
Gleich den Landschlangen eines früheren Zeitalters, die sich in die Meere zurückgeflüchtet hatten, verließ jetzt ein ganzer Stamm von Plazenta-Säugern das Land und nahm in den Ozeanen Wohnung. Und sie sind seither immer im Meer geblieben, wo aus ihnen die heutigen Wale, Delphine, Tümmler, Robben und Seelöwen geworden sind.
Die Entwicklung des Vogellebens des Planeten setzte sich fort, aber es gab nur wenige wichtige evolutionäre Veränderungen. Die Mehrzahl der jetzigen Vogelarten existierte bereits, unter ihnen Möven, Reiher, Flamingos, Bussarde, Falken, Adler, Eulen, Wachteln und Strauße.
Am Ende dieser Periode des Oligozäns, die zehn Millionen Jahre dauerte, hatten sich Pflanzenleben wie marines Leben und Landtiere sehr stark entwickelt, und sie existierten auf der Erde nahezu so wie heute. Seither ist zwar eine beträchtliche Spezialisierung eingetreten, aber die meisten Lebewesen gab es damals bereits in ihrer Ahnenform.