Zu Beginn dieser Periode relativer Ruhe an der Erdoberfläche bleibt das Leben auf die verschiedenen Binnenmeere und die ozeanische Küstenlinie beschränkt; bis jetzt hat sich keine Art von Landorganismus entwickelt. Die primitiven Meerestiere sind überall reichlich vorhanden und für die nächste evolutionäre Entwicklung bereit. Die Amöben, die gegen Ende der vorangegangenen Übergangsperiode aufgetreten sind, sind typische Überlebende dieses Anfangsstadiums des tierischen Lebens.
Vor 400 000 000 Jahren ist sowohl das pflanzliche als auch das tierische marine Leben recht gut über die ganze Welt verteilt. Das Klima der Welt wird leicht wärmer und ausgeglichener. Ganz allgemein sind die Meeresküsten der verschiedenen Kontinente, insbesondere Nord- und Südamerikas, überschwemmt. Neue Ozeane erscheinen, und die älteren Wassermassen vergrößern sich wesentlich.
Zum ersten Mal kriecht die Vegetation auf das Festland und macht bald beträchtliche Fortschritte bei der Anpassung an die nichtmarine Umwelt.
Plötzlich, ohne stufenweise Ahnenreihe, treten die ersten vielzelligen Tiere auf. Die Evolution hat die Trilobiten hervorgebracht, und während ganzer Zeitalter werden sie die Meere beherrschen. Aus dem Blickwinkel des marinen Lebens handelt es sich um das Zeitalter der Trilobiten.
Im späteren Verlauf dieses Zeitsegmentes tauchte ein Großteil Amerikas und Europas aus dem Meer auf. Die Erdkruste stabilisierte sich vorübergehend; Berge, oder eher Hochländer, erhoben sich längs der atlantischen und pazifischen Küsten, in Westindien und Südeuropa. Die ganze karibische Region ragte sehr hoch auf.
Vor 390 000 000 Jahren war das Festland immer noch stark erhöht. Man kann die während dieser Zeit abgelagerten Gesteinsschichten über Teile von Ost- und Westamerika und Westeuropa verstreut finden. Es sind die ältesten Felsen, die Versteinerungen von Trilobiten enthalten. Es gab damals viele fingerförmige Buchten, die in die Landmassen eindrangen und in denen dieses fossilhaltige Gestein abgelagert wurde.
Im Zeitraum von ein paar Millionen Jahren begann der Pazifische Ozean, in die amerikanischen Kontinente einzudringen. Das Absinken des Festlandes wurde vor allem durch Anpassungen der Erdkruste verursacht, obgleich die laterale Landwanderung oder Kontinentalverschiebung dabei auch mitspielte.
Vor 380 000 000 Jahren sank Asien ab, während alle anderen Kontinente eine kurzfristige Hebung erfuhren. Aber mit dem Fortschritt dieser Epoche fraß sich der neu auftretende Atlantische Ozean all seinen Küsten entlang tief in das Landesinnere ein. Die nordatlantischen oder arktischen Meere vereinigten sich damals mit den südlichen Golfwassern. Als sich dieses südliche Meer in die appalachische Senke ergoss, brachen sich seine Wellen im Osten an Bergen, die so hoch waren wie die Alpen, aber im Allgemeinen bestanden die Kontinente aus uninteressantem Tiefland, das jeglichen landschaftlichen Reiz vermissen ließ.
Es gibt viererlei aus diesen Zeitaltern herrührendes Sedimentgestein:
1. Konglomerate – in Küstennähe abgelagertes Material.
2. Sandsteine – Ablagerungen in untiefen Wassern, deren Wellenbewegungen indessen ausreichten, um das Absetzen von Schlamm zu verhindern.
3. Schiefertone – Ablagerungen in tieferen und ruhigeren Wassern.
4. Kalkstein – er enthält Ablagerungen von Trilobitenschalen in tiefem Wasser.
Die fossilen Trilobiten dieser Zeiten zeigen gewisse grundlegende Übereinstimmungen neben gewissen augenfälligen Abweichungen. Die frühen Tierorganismen trugen den Stempel der drei ursprünglichen Ansiedlungen des Lebens, aus denen sie sich entwickelt hatten. Diejenigen der westlichen Hemisphäre waren leicht verschieden von denen der eurasischen Gruppe und vom austral-asiatischen oder austral-arktischen Typus.
Vor 370 000 000 Jahren geschah die große und fast vollständige Überflutung von Nord- und Südamerika, gefolgt vom Absinken Afrikas und Australiens. Nur gewisse Teile Nordamerikas ragten aus diesen nicht so tiefen Meeren des Kambriums heraus. Fünf Millionen Jahre später wichen die Meere vor dem sich wieder hebenden Land zurück. Und diese ganzen Phänomene sinkenden und steigenden Lands spielten sich ganz undramatisch und langsam über Jahrmillionen hinweg ab.
Die versteinerte Trilobiten enthaltenden Schichten dieser Epoche liegen auf allen Kontinenten mit Ausnahme Zentralasiens da und dort offen zu Tage. In vielen Regionen liegen diese Felsen horizontal, aber im Gebirge sind sie durch Druck und Faltung geneigt und verformt. Und solcher Druck veränderte vielerorts den ursprünglichen Charakter dieser Ablagerungen. Aus Sandstein wurde Quarz, aus Ton Schiefer und aus Kalkstein Marmor.
Vor 360 000 000 Jahren hob sich das Land immer noch. Nord- und Südamerika lagen eindeutig über Wasser. Westeuropa und die Britischen Inseln tauchten auf mit Ausnahme von Teilen von Wales, die tief unter Wasser lagen. Es gab in diesen Zeitaltern keine großen Eisdecken. Die vermeintlichen Gletscherablagerungen, die zusammen mit diesen Schichten in Europa, Afrika, China und Australien auftreten, sind auf isolierte Gebirgsgletscher und auf die Verschiebung von Gletschertrümmern späteren Ursprungs zurückzuführen. Das Weltklima war ozeanisch, nicht kontinental. Die südlichen Meere waren damals wärmer als heute, und sie erstreckten sich nach Norden über Nordamerika hinaus bis in die Polarregionen. Der Golfstrom, der über den zentralen Abschnitt Nordamerikas verlief, wurde nach Osten abgelenkt, um die Küsten Grönlands zu bespülen und zu wärmen und machte aus diesem heute in einen Eismantel gehüllten Kontinent ein richtiges tropisches Paradies.
Das marine Leben war auf der ganzen Welt so ziemlich dasselbe und bestand aus Algen, einzelligen Organismen, einfachen Schwämmen, Trilobiten und anderen Krustentieren – Krevetten, Krabben und Hummern. Dreitausend Arten von Brachiopoden erschienen am Ende dieser Periode, von denen nur zweihundert überlebt haben. Diese Tiere stellen eine Spielart des frühen Lebens dar, die sich praktisch unverändert bis in die Gegenwart erhalten hat.
Aber die Trilobiten waren die dominierenden lebendigen Geschöpfe. Es waren geschlechtliche Tiere, die in vieler Gestalt existierten. Sie waren schlechte Schwimmer und ließen sich träge im Wasser treiben oder krochen am Meeresboden umher. Wenn sie durch ihre später auftretenden Feinde angegriffen wurden, rollten sie sich zum Selbstschutz zusammen. Ihre Länge betrug zwischen fünf und dreißig Zentimetern, und sie entwickelten sich in vier verschiedenen Gruppen: als Karnivoren, Herbivoren, Omnivoren und „Schlammfresser“. Die Fähigkeit dieser letzten Gruppe, weitgehend von anorganischer Materie zu leben – sie waren die letzten vielzelligen Tiere, die das vermochten – erklärt ihre große Vermehrung und ihr langes Überleben.
Das war das biogeologische Bild, das Urantia am Ende jener langen, fünfzig Millionen Jahre umfassenden Periode der Weltgeschichte bot, die eure Geologen als das Kambrium bezeichnet haben.