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Erscheinungen in Galiläa

2. Gespräche mit den Apostelpaaren

192:2.1

Als sie fertig gefrühstückt hatten, und während die anderen um das Feuer herum saßen, gab Jesus Petrus und Johannes ein Zeichen, mit ihm am Ufer spazieren zu kommen. Während sie dahin schritten, sagte Jesus zu Johannes: „Johannes, liebst du mich?“ Und als Johannes antwortete: „Ja, Meister, von ganzem Herzen,“ sagte der Meister: „Dann lege deine Intoleranz ab, Johannes, und lerne, die Menschen zu lieben, wie ich dich geliebt habe. Widme dein Leben dem Beweis, dass die Liebe das Größte auf der Welt ist. Die Liebe Gottes ist es, die den Menschen drängt, Rettung zu suchen. Der Liebe entstammt alle geistige Güte, sie ist die Essenz alles Wahren und Schönen.“

192:2.2

Dann wandte sich Jesus an Petrus und fragte ihn: „Petrus, liebst du mich?“ Petrus antwortete: „Herr, du weißt, dass ich dich von ganzer Seele liebe.“ Da sagte Jesus: „Wenn du mich liebst, Petrus, dann weide meine Schafe. Versäume nicht, dich der Schwachen, Armen und Jungen anzunehmen. Predige das Evangelium furchtlos und ohne Bevorzugung; denke immer daran, dass Gott kein Ansehen der Person kennt. Diene deinen Mitmenschen, so wie ich euch gedient habe; vergib deinen sterblichen Gefährten, so wie ich dir vergeben habe. Die Erfahrung möge dich den Wert des Nachdenkens und die Macht intelligenter Überlegung lehren.“

192:2.3

Nachdem sie etwas weitergegangen waren, wandte sich der Meister wieder an Petrus und fragte: „Petrus, liebst du mich wirklich?“ Und Simon sagte: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe.“ Und wieder sagte Jesus: „Dann sorge gut für meine Schafe. Sei der Herde ein guter und treuer Hirte. Verrate nicht ihr Vertrauen in dich. Lass dich nicht unvermutet vom Feind überrumpeln. Sei alle Zeit auf der Hut – wache und bete.“

192:2.4

Als sie ein paar Schritte weitergegangen waren, wandte sich Jesus zum dritten Mal an Petrus und fragte: „Petrus, liebst du mich wirklich?“ Und Petrus, etwas betrübt über das anscheinende Misstrauen des Meisters ihm gegenüber, sagte mit großer Bewegung: „Herr, du weißt alle Dinge, und deshalb weißt du, dass ich dich wirklich und wahrhaftig liebe.“ Da sagte Jesus: „Weide meine Schafe. Verlasse die Herde nicht. Sei allen deinen Mithirten ein Beispiel und eine Inspiration. Liebe die Herde, so wie ich euch geliebt habe und widme dich ihrem Wohlergehen, so wie ich mein Leben eurem Wohlergehen gewidmet habe. Und folge mir nach bis ans Ende.“

192:2.5

Petrus nahm diese letzte Erklärung – er solle fortfahren, ihm zu folgen – wörtlich und, auf Johannes zeigend, fragte er Jesus: „Wenn ich dir nachfolge, was soll dann dieser Mann tun?“ Und Jesus, der sah, dass Petrus seine Worte missverstanden hatte, antwortete: „Petrus, kümmere dich nicht um das, was deine Brüder tun sollen. Wenn ich will, dass Johannes bleibt, nachdem du gegangen bist, sogar bis ich zurückgekommen bin, was soll dich das kümmern? Sieh nur zu, dass du mir folgst.“

192:2.6

Diese Bemerkung machte unter den Brüdern die Runde und Jesu Äußerung wurde dahingehend verstanden, dass Johannes nicht stürbe, bevor der Meister zurückkehren würde, um, wie so viele dachten und hofften, das Königreich in Macht und Herrlichkeit zu errichten. Es war diese Interpretation der Worte Jesu, die Simon Zelotes hauptsächlich bewog, seinen Dienst wieder aufzunehmen und weiterzuarbeiten.

192:2.7

Nachdem sie zu den anderen zurückgekehrt waren, ging Jesus mit Andreas und Jakobus spazieren, um sich mit ihnen zu unterhalten. Nach einer kurzen Wegstrecke sagte Jesus zu Andreas: „Andreas, vertraust du mir?“ Und als der ehemalige Vorgesetzte der Apostel Jesus eine solche Frage stellen hörte, blieb er stehen und antwortete: „Ja, Meister, ganz sicher vertraue ich dir, und du weißt, dass dem so ist.“ Da sagte Jesus: „Andreas, wenn du mir vertraust, dann habe größeres Vertrauen zu deinen Brüdern – sogar zu Petrus. Ich habe dir einst die Führung deiner Brüder anvertraut. Jetzt, da ich dich verlasse, um zum Vater zu gehen, ist es an dir, den anderen zu vertrauen. Wenn deine Brüder beginnen, sich vor den bitteren Verfolgungen überallhin zu verstreuen, dann sei meinem leiblichen Bruder Jakobus ein verständnisvoller und weiser Ratgeber, wenn man ihm schwere Bürden auflädt, die zu tragen es ihm an Erfahrung mangelt. Und dann habe weiterhin Vertrauen, denn ich werde dich nicht im Stich lassen. Und wenn du auf Erden fertig bist, sollst du zu mir kommen.“

192:2.8

Dann wandte sich Jesus an Jakobus mit der Frage: „Jakobus, vertraust du mir?“ Und natürlich erwiderte Jakobus: „Ja, Meister, ich vertraue dir von ganzem Herzen.“ Da sagte Jesus: „Jakobus, wenn du mir noch mehr vertraust, wirst du mit deinen Brüdern weniger ungeduldig sein. Wenn du mir vertraust, wird es dir helfen, mit der Bruderschaft der Gläubigen freundlich umzugehen. Lerne, die Konsequenzen deiner Worte und Taten abzuwägen. Bedenke, dass das Ernten entsprechend dem Säen geschieht. Bete für Ruhe des Geistes und übe dich in Geduld. Diese Gnaden werden dir zusammen mit dem lebendigen Glauben Halt geben, wenn die Stunde kommt, den Opferkelch zu trinken. Aber bleibe unbeirrt; wenn du auf Erden abgeschlossen hast, sollst auch du zu mir kommen.“

192:2.9

Darauf unterhielt sich Jesus mit Thomas und Nathanael. Zu Thomas sagte er: „Thomas, dienst du mir?“ Thomas erwiderte: „Ja, Herr, ich diene dir jetzt und immerfort.“ Da sagte Jesus: „Wenn du mir dienen möchtest, dann diene meinen Menschenbrüdern, so wie ich euch gedient habe. Und werde nicht müde, Gutes zu tun, sondern fahre damit fort wie einer, der von Gott zu diesem Dienst der Liebe geweiht worden ist. Wenn du mit mir auf Erden fertig gedient hast, wirst du mit mir in der Herrlichkeit dienen. Thomas, du musst aufhören zu zweifeln; du musst im Glauben und in der Wahrheitserkenntnis wachsen. Glaube an Gott wie ein Kind, aber höre auf, so kindisch zu handeln. Sei mutig; sei fest im Glauben und mächtig im Königreich Gottes.“

192:2.10

Dann sagte der Meister zu Nathanael: „Nathanael, dienst du mir?“ Und der Apostel antwortete: „Ja, Meister, und mit ungeteilter Liebe.“ Da sagte Jesus: „Wenn du mir also von ganzem Herzen dienst, dann sieh zu, dass du dich mit nimmermüder Liebe dem Wohlergehen meiner Brüder auf Erden verschreibst. Mische deinem Ratschlag Freundschaft bei und füge deiner Philosophie Liebe hinzu. Diene deinen Mitmenschen, so wie ich euch gedient habe. Sei den Menschen treu, so wie ich über euch gewacht habe. Sei weniger kritisch; erwarte von einigen Menschen weniger und verringere so das Ausmaß deiner Enttäuschung. Und wenn dein Werk hier auf Erden beendet ist, sollst du mit mir im Himmel dienen.“

192:2.11

Danach redete der Meister mit Matthäus und Philipp. Zu Philipp sagte er: „Philipp, gehorchst du mir?“ Philipp antwortete: „Ja, Herr, ich will dir gehorchen, selbst unter Einsatz meines Lebens.“ Da sagte Jesus: „Wenn du mir gehorchen willst, dann gehe in die Länder der Heiden und verkündige dieses Evangelium. Die Propheten haben dir gesagt, dass es besser ist, zu gehorchen als zu opfern. Durch den Glauben bist du ein Sohn des Königreichs geworden, der Gott kennt. Nur einem Gesetz gilt es zu gehorchen – dem Gebot, das Evangelium vom Königreich verkündigen zu gehen. Höre auf, die Menschen zu fürchten; sei unerschrocken, wenn du deinen Mitmenschen, die in der Finsternis schmachten und nach dem Licht der Wahrheit hungern, die gute Nachricht vom ewigen Leben predigst. Du sollst dich nicht länger mit Geld und Gütern beschäftigen, Philipp. Du bist jetzt frei, die Frohbotschaft zu predigen, gerade so wie deine Brüder. Und ich werde dir vorangehen und bei dir sein bis ans Ende.“

192:2.12

Und dann wandte sich der Meister an Matthäus und fragte ihn: „Matthäus, ist es dir eine Herzensangelegenheit, mir zu gehorchen?“ Matthäus antwortete: „Ja, Herr, mit voller Hingabe will ich deinen Willen tun.“ Da sagte der Meister: „Matthäus, willst du mir gehorchen, so ziehe aus, um alle Völker das Evangelium vom Königreich zu lehren. Du wirst deine Brüder nicht länger mit den materiellen Dingen des Lebens versorgen; fortan wirst auch du die gute Nachricht der geistigen Errettung verkünden. Richte von jetzt an dein ganzes Augenmerk einzig darauf, deinem Auftrag zu gehorchen, das Evangelium von des Vaters Königreich zu predigen. So wie ich auf Erden den Willen des Vaters getan habe, so sollst du den göttlichen Auftrag erfüllen. Denke daran, sowohl Juden als auch Heiden sind deine Brüder. Fürchte dich vor niemandem, wenn du die rettenden Wahrheiten des Evangeliums vom Königreich des Himmels verkündigst. Und dahin, wo ich jetzt gehe, wirst auch du bald kommen.“

192:2.13

Darauf unterhielt er sich im Gehen mit den Alphäus-Zwillingen, Jakobus und Judas, und, sich an alle beide wendend, fragte er: „Jakobus und Judas, glaubt ihr an mich?“ Und als beide antworteten: „Ja, Meister, wir glauben,“ sagte er : „Ich werde bald von euch gehen. Ihr seht, dass ich euch als Mensch bereits verlassen habe. Ich verweile nur noch kurze Zeit in dieser Gestalt, bevor ich zu meinem Vater gehe. Ihr glaubt an mich – ihr seid meine Apostel, und ihr werdet es immer bleiben. Glaubt weiterhin und erinnert euch an unsere Gemeinschaft, wenn ich nicht mehr da bin und ihr vielleicht wieder an die Arbeit zurückgekehrt seid, die ihr ausübtet, bevor ihr kamt, um mit mir zu leben. Erlaubt keiner Änderung in eurer äußeren Beschäftigung, eure Treue zu beeinflussen. Vertraut auf Gott bis ans Ende eurer Erdentage. Vergesst nie, dass, solange ihr Söhne Gottes durch den Glauben seid, alles redliche Werk der Welt geheiligt ist. Nichts, was ein Gottessohn tut, kann gewöhnlich sein. Verrichtet deshalb eure Arbeit von jetzt an wie für Gott. Und wenn ihr auf dieser Welt am Ende angelangt seid, habe ich andere und bessere Welten, wo ihr ebenso für mich arbeiten werdet. Und bei all dieser Arbeit auf dieser und anderen Welten werde ich mit euch arbeiten, und mein Geist soll in euch wohnen.“

192:2.14

Es war fast zehn Uhr, als Jesus von seinem Gespräch mit den Alphäus-Zwillingen zurückkehrte, und als er von den Aposteln schied, sagte er: „Lebt wohl, bis ich euch alle morgen um die Mittagszeit auf dem Berg eurer Weihe wieder sehe.“ Nach diesen Worten entschwand er ihren Blicken.


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