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Schrift 184
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Vor dem Gericht des Sanhedrins

4. Die Stunde der Erniedrigung

184:4.1

Das jüdische Gesetz verlangte, dass das Gericht bei Verhängung der Todes­strafe zweimal zusammenzutreten hatte. Die zweite Sitzung musste am Tag nach der ersten abgehalten werden, und die Zwischenzeit hatten die Mitglieder des Gerichtshofs mit Fasten und Trauern zu verbringen. Aber diese Männer mochten nicht bis zum nächsten Tag warten, um ihren Ent­schluss zu bestätigen, Jesus müsse sterben. Sie warteten nur eine Stunde. In der Zwischenzeit ließen sie Jesus im Audienzsaal im Gewahrsam der Tempel­wächter, die sich zusammen mit den Dienern des Hohenpriesters damit vergnügten, Demütigung über Demütigung auf den Menschensohn zu häufen. Sie verlachten ihn, bespuckten ihn und stießen ihn grausam herum. Sie schlugen ihm mit einer Rute ins Gesicht und sagten dann: „Du, der Befreier, prophezeie uns, wer dich geschlagen hat.“ Und so trieben sie es eine volle Stunde lang, indem sie diesen Mann aus Galiläa, der keinen Widerstand leistete, verhöhnten und misshandelten.

184:4.2

Während dieser tragischen Stunde des Leidens und unerträglicher Verspot­tung durch die unwissenden und gefühllosen Wächter und Diener wartete Johannes Zebedäus in einsamem Entsetzen in einem Nebenraum. Als die Misshandlungen begannen, gab Jesus Johannes mit einem Kopfnicken zu verstehen, er solle sich zurückziehen. Der Meister wusste sehr wohl, dass, erlaubte er seinem Apostel, im Raum zu bleiben und Zeuge der Abscheulichkeiten zu werden, dieser innerlich so aufgewühlt würde, dass es zu einem Ausbruch empörten Protestes käme, der wahrscheinlich seinen Tod zur Folge hätte.

184:4.3

Diese ganze entsetzliche Stunde hindurch sagte Jesus kein Wort. Für diese sanftmütige und empfindsame menschliche Seele, die in persönlicher Verbin­dung mit dem Gott des ganzen Universums stand, war kein Schluck aus dem Kelch seiner Demütigung bitterer als diese furchtbare Stunde des Ausge­lie­fertseins an die unwissenden und grausamen Wächter und Diener, welche das Beispiel der Mitglieder dieses sogenannten Gerichts aus Sanhedristen dazu ermuntert hatte, ihn zu misshandeln.

184:4.4

Es ist unmöglich, dass ein menschliches Herz sich den Schauder der En­trüstung vorstellen kann, der ein riesiges Universum durchlief, als sich den himm­lischen Intelligenzen dieser Anblick ihres geliebten Herrschers bot, der sich dem Willen seiner unwissenden und irregeleiteten Geschöpfe auf dem durch die Sünde verdunkelten, unglücklichen Erdball Urantia unterwarf.

184:4.5

Was ist das für ein tierischer Wesenszug des Menschen, der ihn veranlasst, das beleidigen und physisch angreifen zu wollen, was er geistig nicht erreichen und intellektuell nicht vollbringen kann? Im halbzivilisierten Menschen lauert immer noch eine böse Brutalität, die sich an denen abzureagieren sucht, die ihm an Weisheit und Geistigkeit überlegen sind. Seht euch die böse Rohheit und brutale Grausamkeit dieser angeblich zivilisierten Menschen an, die eine gewisse Art tierischer Freude an ihren physischen Angriffen auf den widerstandslosen Menschensohn fanden. Als diese Beleidigungen, Spöttereien und Schläge auf Jesus niedergingen, wehrte er sich nicht, aber er war nicht wehrlos. Jesus war nicht besiegt, er kämpfte nur nicht im materiellen Sinne.

184:4.6

Das sind die Augenblicke der größten Siege des Meisters in seinem langen und ereignisreichen Werdegang als Schöpfer, Erhalter und Erlöser eines sich ins Unermessliche dehnenden Universums. Jesus hat bis ins Kleinste ein Leben gelebt, das den Menschen Gott offenbart, und unternimmt es jetzt, Gott eine neue und beispiellose Offenbarung des Menschen zu geben. Jesus offenbart den Welten jetzt den endgültigen Triumph über alle Ängste, die aus der Isolation der Geschöpfespersönlichkeit erwachsen. Der Menschensohn hat seine Identität mit dem Gottessohn endgültig verwirklicht. Jesus zögert nicht zu erklären, er und der Vater seien eins. Und aufgrund der Tatsache und Wahrheit dieser höchsten und göttlichen Erfahrung ruft er jeden auf, der an das Königreich glaubt, mit ihm eins zu werden, wie er und sein Vater eins sind. Die lebendige Erfahrung in der Religion Jesu wird damit zur sicheren und verbürgten Methode, durch welche die geistig abgetrennten und kosmisch einsamen Sterblichen der Erde in die Lage versetzt werden, der Isolation der Persönlichkeit samt allen damit verbundenen Ängsten und verwandten Gefühlen der Hilflosigkeit zu entrinnen. In den brüderlichen Realitäten des Königreichs des Himmels finden die Glaubenssöhne Gottes sowohl persönlich wie planetarisch endgültige Erlösung von der Isolation des Selbst. Der Gläubige, der Gott kennt, macht in wachsendem Maße die Erfahrung der Ekstase und Größe der geistigen Sozialisierung im universellen Maßstab – der himmlischen Staatsbürgerschaft verbunden mit der ewigen Verwirklichung der göttlichen Bestimmung, Vollkommenheit zu erreichen.


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