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Die Krise in Kapernaum

2. Die epochale Predigt

153:2.1

Als Einleitung zu seiner Predigt las Jesus aus dem Gesetz im Deuteronomium: „Aber wenn dieses Volk nicht auf die Stimme Gottes hören will, wird der Fluch der Gesetzesübertretung mit Sicherheit über es kommen. Der Herr wird deine Feinde veranlassen, dich heimzusuchen; du wirst in alle Reiche der Erde zerstreut werden. Und der Herr wird dich und den König, den du dir gegeben hast, in die Hände eines fremden Volkes ausliefern. Du wirst bei allen Völkern Befremden auslösen, berüchtigt sein und zum Gespött werden. Deine Söhne und deine Töchter werden in die Gefangenschaft gehen. Die Fremden unter dir werden zu hoher Autorität aufsteigen, du aber wirst tief niedergebeugt werden. Und all diese Dinge sollen für immer über dich und deinen Samen kommen, weil du das Wort des Herrn nicht hast hören wollen. Deshalb wirst du deinen Feinden dienen, die gegen dich ausziehen werden. Du wirst Hunger und Durst leiden und dieses fremde Joch aus Eisen tragen. Der Herr wird ein Volk von weit her, vom Ende der Welt gegen dich anrücken lassen, ein Volk, dessen Sprache du nicht verstehen wirst, ein Volk mit grimmigen Gesichtern, das dich geringschätzen wird. Und sie werden dich in allen deinen Städten belagern, bis die hohen Befestigungsmauern, denen du vertraut hast, einstürzen werden; und das ganze Land wird in ihre Hände fallen. Und die Not wird dich dazu bringen, während dieser Belagerung die Frucht deines eigenen Leibes zu essen, das Fleisch deiner Söhne und Töchter, denn deine Feinde werden dir mit großer Härte zusetzen.“

153:2.2

Und nachdem Jesus diese Worte gelesen hatte, ging er zu den Propheten über und las aus Jeremia vor: „‚Wenn ihr nicht auf die Worte meiner Diener, der Propheten, die ich euch gesandt habe, hören wollt, dann verfahre ich mit diesem Haus wie mit Schilo und mache diese Stadt zu einem Fluch für alle Völker der Erde.‘ Und die Priester und Lehrer hörten Jeremia diese Worte im Hause des Herrn sprechen. Und es geschah, nachdem Jeremia alles gesagt hatte, was der Herr ihm zum Volk zu sprechen aufgetragen hatte, dass die Priester und Lehrer ihn fassten und sagten: ‚Du musst sterben.‘ Und alles Volk drängte sich um Jeremia im Hause des Herrn. Und als die Fürsten Judäas diese Dinge erfuhren, setzten sie sich über Jeremia zu Gericht. Da sprachen die Priester und Lehrer zu den Fürsten und zum Volk: ‚Dieser Mann verdient zu sterben, denn er hat Prophezeiungen gegen unsere Stadt ausgesprochen, und ihr habt ihn mit euren eigenen Ohren gehört.‘ Darauf wandte sich Jeremia an alle Fürsten und an das Volk: ‚Der Herr hat mich gesandt, um gegen dieses Haus und diese Stadt mit all den Worten zu prophezeien, die ihr gehört habt. Deshalb bessert jetzt euer Verhalten und euer Tun und gehorcht der Stimme des Herrn eures Gottes, um dem Übel zu entrinnen, das gegen euch gesprochen wurde. Was mich betrifft, so bin ich in euren Händen. Verfahrt mit mir, wie es in euren Augen gut und recht ist. Aber ihr sollt mit Sicherheit wissen, dass ihr unschuldiges Blut über euch und über dieses Volk bringt, wenn ihr mich tötet, denn der Herr hat mich wahrhaftig gesandt, um all diese Worte in eure Ohren zu sprechen.‘

153:2.3

Die damaligen Priester und Lehrer trachteten danach, Jeremia umzubringen, aber die Richter gaben ihre Zustimmung nicht, obwohl sie ihn wegen seiner warnenden Worte an Seilen in ein schmutziges Verlies hinunterließen, wo er bis zu den Achselhöhlen im Schlamm versank. Solches verübte dieses Volk am Propheten Jeremia, als er dem Befehl Gottes gehorchte und seine Brüder vor ihrem kurz bevorstehenden politischen Sturz warnte. Heute möchte ich euch fragen: Was werden die obersten Priester und religiösen Führer dieses Volkes mit dem Mann tun, der es wagt, sie vor dem Tag ihres geistigen Untergangs zu warnen? Werdet auch ihr versuchen, den Lehrer zu töten, der es wagt, das Wort des Herrn zu verkündigen und der nicht davor zurückschreckt, deutlich zu machen, dass ihr euch weigert, auf dem Weg des Lichts zu schreiten, der zum Eingang des Königreichs des Himmels führt?

153:2.4

Was braucht ihr noch zum Beweis meiner Sendung auf Erden? Wir haben euch in euren einflussreichen Machtpositionen unbehelligt gelassen, während wir den Armen und Verstoßenen die gute Nachricht predigten. Wir haben das von euch Verehrte nicht feindselig angegriffen, sondern vielmehr der von Angst beherrschten Menschenseele eine neue Freiheit verkündigt. Ich bin in die Welt gekommen, um meinen Vater zu offenbaren und auf Erden die geistige Bruderschaft der Söhne Gottes, das Königreich des Himmels, zu errichten. Und obwohl ich euch immer wieder daran erinnert habe, dass mein Königreich nicht von dieser Welt ist, hat euch dennoch mein Vater über die beweiskräftigeren geistigen Verwandlungen und Regenerationen hinaus viele materielle Wunder zugestanden.

153:2.5

Was für neue Zeichen wollt ihr noch aus meinen Händen? Ich erkläre, dass ihr schon genügend Beweise habt, um eure Entscheidung zu fällen. Wahrlich, wahrlich, ich sage zu vielen, die heute vor mir sitzen: Ihr steht vor der Notwendigkeit, den Weg, den ihr gehen wollt, zu wählen; und wie Josua zu euren Vorvätern sage ich zu euch: ‚Entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt.‘ Heute stehen viele von euch am Scheideweg.

153:2.6

Als einige von euch mich nach der Speisung der Menge auf der anderen Seeseite nicht finden konnten, mieteten sie die Fischerflotte aus Tiberias, die eine Woche zuvor während eines Sturms in der Nähe Schutz gesucht hatte, um meine Verfolgung aufzunehmen, und wofür? Nicht um der Wahrheit und Rechtschaffenheit willen, oder um zu erfahren, wie ihr euren Mitmenschen besser dienen und beistehen könntet! Nein, sondern vielmehr, um mehr Brot zu haben, für das ihr nicht gearbeitet hattet. Es geschah nicht, um eure Seelen mit dem Wort des Lebens zu füllen, sondern nur euren Bauch mit dem Brot der Bequemlichkeit. Seit langem hat man euch gelehrt, dass der Messias, wenn er kommen sollte, derartige Wunder vollbringen würde, die dem ganzen auserwählten Volk ein angenehmes und leichtes Leben bescheren würden. Es verwundert deshalb nicht, dass ihr, die man solches gelehrt hat, euch nach den Broten und Fischen sehnt. Aber ich erkläre euch, dass dies nicht die Sendung des Menschensohnes ist. Ich bin gekommen, um geistige Freiheit zu verkündigen, ewige Wahrheit zu lehren und den lebendigen Glauben zu nähren.

153:2.7

Meine Brüder, verlangt nicht nach Speise, die verdirbt, sondern sucht vielmehr geistige Kost, die euch sogar für das ewige Leben stärkt; denn diese ist das Brot des Lebens, das der Sohn allen gibt, die es nehmen und davon essen wollen, denn der Vater hat dem Sohn dieses Leben unbeschränkt gegeben. Und als ihr mich fragtet: ‚Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?‘ habe ich euch klar gesagt: ‚Das Werk Gottes ist, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.‘“

153:2.8

Und dann sagte Jesus, indem er auf die Darstellung eines Gefäßes mit Manna zeigte, das den Türsturz der neuen Synagoge zierte und mit Weintrauben geschmückt war: „Ihr habt gedacht, dass eure Vorfahren in der Wüste Manna – Himmelsbrot – aßen, aber ich sage euch, dass es irdisches Brot war. Moses gab euren Vätern kein Himmelsbrot, aber mein Vater ist jetzt bereit, euch das wahre Brot des Lebens zu geben. Das Brot des Himmels ist das, was von Gott herabkommt und den Menschen der Welt ewiges Leben gibt. Und wenn ihr zu mir sagt: ‚Gib uns dieses lebendige Brot‘, will ich antworten: ‚Ich bin dieses Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den soll niemals hungern, und wer mir glaubt, den soll niemals dürsten. Ihr habt mich gesehen, mit mir gelebt und meine Werke geschaut und glaubt trotzdem nicht, dass ich vom Vater komme.‘ Aber denen, die glauben, sage ich: ‚Seid ohne Furcht.‘ Alle, die sich vom Vater führen lassen, werden zu mir kommen, und wer zu mir kommt, wird in keiner Weise abgewiesen werden.

153:2.9

Und nun lasst mich euch ein für alle Mal erklären, dass ich nicht auf die Erde herabgekommen bin, um meinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen Dessen, der mich gesandt hat. Und dies ist letztlich der Wille Dessen, der mich gesandt hat, dass ich von allen, die er mir gegeben hat, auch nicht einen einzigen verliere. Und dieses ist des Vaters Wille: Dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben haben soll. Gestern erst gab ich euch Brot für eure Körper zu essen; heute biete ich euch das Brot des Lebens für eure hungrigen Seelen an. Wollt ihr jetzt das Brot des Geistes ebenso willig annehmen, wie ihr das Brot dieser Welt gegessen habt?“

153:2.10

Als Jesus einen Moment innehielt, um seinen Blick über die Versammlung schweifen zu lassen, erhob sich einer der Lehrer von Jerusalem (ein Mitglied des Sanhedrins) und fragte: „Verstehe ich recht? Du sagst, du seist das Brot, das vom Himmel herabkommt, nicht so jedoch das Manna, das Moses unseren Vätern in der Wüste gab?“ Und Jesus antwortete dem Pharisäer: „Du hast richtig verstanden.“ Da sagte der Pharisäer: „Aber bist du nicht Jesus von Nazareth, der Sohn Josephs, des Zimmermanns? Kennen nicht viele von uns sehr wohl deinen Vater und deine Mutter sowie deine Brüder und Schwestern? Wie kommt es, dass du hier im Hause Gottes erscheinst und erklärst, du seist vom Himmel herabgekommen?“

153:2.11

Inzwischen hatte sich in der Synagoge ein starkes Gemurmel erhoben, und ein solcher Tumult drohte, dass Jesus aufstand und sagte: „Lasst uns Geduld haben; die Wahrheit leidet nie unter einer ehrlichen Prüfung. Ich bin alles, was du sagst, aber mehr. Der Vater und ich sind eins; der Sohn tut nur, was der Vater ihn lehrt, und alle, die der Vater dem Sohn gibt, wird der Sohn bei sich empfangen. Ihr habt bei den Propheten gelesen . ‚Gott wird euch alle unterrichten‘ und ‚Diejenigen, die der Vater lehrt, werden auch seinem Sohn Gehör schenken‘. Jeder, der sich den Weisungen des in ihm wohnenden Geistes des Vaters fügt, wird letzten Endes zu mir kommen. Zwar hat kein Mensch den Vater gesehen, aber des Vaters Geist lebt tatsächlich im Menschen. Und der Sohn, der vom Himmel herabgekommen ist, hat den Vater mit Sicherheit gesehen. Und diejenigen, die wahrhaftig an diesen Sohn glauben, haben schon jetzt das ewige Leben.

153:2.12

Ich bin dieses Brot des Lebens. Eure Väter aßen Manna in der Wüste und sind tot. Aber wer von diesem Brot isst, das von Gott herabkommt, wird im Geiste niemals sterben. Ich wiederhole: Ich bin dieses lebendige Brot, und jede Seele, die die Verwirklichung dieser geeinten Natur von Gott und Mensch erreicht, wird auf ewig leben. Und dieses Brot des Lebens, das ich allen gebe, die es empfangen wollen, ist meine eigene lebendige Doppelnatur. Der Vater im Sohn und der Sohn eins mit dem Vater – das ist meine lebenspendende Offenbarung an die Welt und meine rettende Gabe für alle Nationen.“

153:2.13

Als Jesus fertig gesprochen hatte, entließ der Synagogenleiter die Versammlung, aber die Leute wollten nicht gehen. Sie umdrängten Jesus, um mehr Fragen zu stellen, während andere murrten und untereinander stritten. Und diese Situation hielt mehr als drei Stunden lang an. Es war schon längst nach sieben Uhr, als sich die Versammlung endlich auflöste.


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