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Die zwölf Apostel

9. und 10. Jakobus und Judas Alphäus

139:9.1

Jakobus und Judas, die Zwillingssöhne des Alphäus, die als Fischer in der Nähe von Keresa wohnten, waren der neunte und der zehnte Apostel und von Jakobus und Johannes Zebedäus ausgewählt worden. Sie waren sechsundzwanzig Jahre alt und verheiratet, Jakobus hatte drei Kinder und Judas zwei.

139:9.2

Es gibt über diese unauffälligen Fischer nicht viel zu berichten. Sie liebten ihren Meister und Jesus liebte sie, aber sie unterbrachen seine Reden nie mit Fragen. Sie begriffen sehr wenig von den philosophischen Diskussionen und theologischen Auseinandersetzungen ihrer Mitapostel, aber sie freuten sich sehr darüber, einer Gruppe von so mächtigen Männern anzugehören. Diese beiden Männer waren in ihrer persönlichen Erscheinung, ihren intellektuellen Eigenschaften und ihrem geistigen Fassungsvermögen beinahe identisch. Was man vom einen sagen könnte, träfe auch auf den anderen zu.

139:9.3

Andreas wies ihnen die Aufgabe zu, in der Menge für Ordnung zu sorgen. Sie waren die Hauptaufsichtspersonen während der Predigtzeiten und faktisch die allgemeinen Diener und Laufburschen der Zwölf. Sie halfen Philipp bei der Verpflegung, überbrachten den Familien Geld im Auftrag von Nathanael und waren stets willens, jedem der Apostel zur Hand zu gehen.

139:9.4

Die Menge gewöhnlichen Volks wurde durch den Umstand sehr ermutigt, dass zwei der ihren die Ehre widerfuhr, den Aposteln anzugehören. Allein durch ihre Aufnahme als Apostel waren diese durchschnittlichen Zwillinge das Mittel, Scharen von zaghaften Gläubigen ins Königreich zu bringen. Und außerdem befreundeten sich die gewöhnlichen Leute leichter mit der Idee, Anweisungen von offiziellen Aufsehern zu empfangen, die ihnen stark glichen.

139:9.5

Jakobus und Judas, die man auch Thaddäus und Lebbäus nannte, hatten weder Stärken noch Schwächen. Die Beinamen, die die Jünger ihnen gaben, waren gutmütige Bezeichnungen für Mittelmäßigkeit. Sie waren „die geringsten aller Apostel“; sie wussten es und waren fröhlich dabei.

139:9.6

Jakobus Alphäus liebte Jesus besonders wegen seiner Einfachheit. Diese Zwillinge vermochten Jesu Gedanken nicht zu fassen, hingegen fühlten sie sehr wohl die Bande der Sympathie zwischen ihnen und dem Herzen ihres Meisters. Ihr Verstand war nicht eben groß; man könnte sie bei aller Ehrerbietung sogar als einfältig bezeichnen, aber sie machten eine echte Erfahrung in ihren geistigen Naturen. Sie glaubten an Jesus; sie waren Söhne Gottes und Mitglieder des Königreichs.

139:9.7

Judas Alphäus fühlte sich wegen des Meisters unauffälliger Demut zu Jesus hingezogen. Eine solche Demut in Verbindung mit einer derartigen persönlichen Würde übte auf Judas eine große Anziehung aus. Die Tatsache, dass Jesus bezüglich seiner außergewöhnlichen Taten stets Schweigen gebot, beeindruckte dieses einfache Naturkind tief.

139:9.8

Die Zwillinge waren gutmütige, schlichte Helfer, und jedermann liebte sie. Jesus bedachte diese wenig begabten jungen Männer in seinem persönlichen Stab im Königreich mit Ehrenplätzen, weil es auf den Welten des Raums ungezählte Millionen anderer derartiger einfacher und verängstigter Seelen gibt, die er ebenso sehr in eine aktive und gläubige Gemeinschaft mit sich und dem von ihm ausgegossenen Geist der Wahrheit aufzunehmen wünscht. Jesus verachtet die Kleinheit nicht, nur das Üble und die Sünde. Jakobus und Judas waren klein, aber sie waren auch gläubig. Sie waren einfach und unwissend, aber sie waren auch großherzig, freundlich und freigebig.

139:9.9

Und wie dankerfüllt und stolz waren diese einfachen Menschen an jenem Tage, als der Meister es ablehnte, einen gewissen reichen Mann als Evangelisten anzunehmen, es sei denn, er verkaufe sein Hab und Gut und helfe den Armen. Wenn die Leute davon hörten und dann die Zwillinge unter seinen Ratgebern erblickten, wussten sie mit Bestimmtheit, dass Jesus ohne Ansehen der Person handelte. Aber nur eine göttliche Einrichtung – das Königreich – konnte je auf so mittelmäßigen menschlichen Fundamenten aufgebaut werden!

139:9.10

Nur ein- oder zweimal während der ganzen Dauer ihres Zusammenseins mit Jesus wagten es die Zwillinge, öffentlich Fragen zu stellen. Einst, als der Meister davon gesprochen hatte, sich der Welt offen erkennen zu geben, drängte es Judas, eine Frage an ihn zu richten. Er war ein bisschen enttäuscht, dass die Zwölf in Zukunft keine Geheimnisse mehr unter sich hätten, und er wagte zu fragen: „Aber Meister, wenn du dich der Welt solcherweise offenbarst, welche besonderen Zeichen deiner Güte wirst du uns dann geben?“

139:9.11

Die Zwillinge dienten treu bis ans Ende, bis zu den dunklen Tagen des Prozesses, der Kreuzigung und der Verzweiflung. Nie verloren sie ihren im Herzen gründenden Glauben an Jesus, und (abgesehen von Johannes) waren sie die ersten, die an seine Auferstehung glaubten. Aber sie konnten die Errich­tung des Königreichs nicht verstehen. Bald nachdem ihr Meister gekreuzigt worden war, kehrten sie zu ihren Familien und an ihre Netze zurück; ihre Arbeit war getan. Sie waren nicht fähig, sich an den komplexeren Kämpfen für das Königreich zu beteiligen. Aber sie lebten und starben im Bewusstsein, dass ihnen die Ehre und der Segen von vier Jahren enger und persönlicher Zusam­menarbeit mit einem Sohn Gottes, dem Herrn und Schöpfer eines Universums, zuteil geworden war.


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