Jesus und Ganid hatten in Korinth noch viele andere interessante Erlebnisse. Sie führten vertrauliche Gespräche mit einer großen Anzahl Menschen, die alle bedeutenden Nutzen aus der Unterweisung zogen, die sie von Jesus erhielten.
Einen Müller lehrte er das Mahlen der Wahrheitskörner in der Mühle der Lebenserfahrung, um dadurch die schwierigen Dinge des göttlichen Lebens sogar den Schwachen und Beschränkten unter unseren Mitmenschen leicht zugänglich zu machen. Jesus sagte: „Gib denen die Milch der Wahrheit, die noch Säuglinge in der geistigen Wahrnehmung sind. Biete in deinem lebendigen Liebesdienst geistige Nahrung in anziehender Form an, die der Aufnahmefähigkeit eines jeden, der dich aufsucht, angepasst ist.“
Zu einem römischen Zenturio sagte er: „Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Es gibt keinen Konflikt zwischen dem aufrichtigen Dienst an Gott und dem treuen Dienst am Kaiser; es sei denn, der Kaiser maße sich an, für sich selber die Ehrenbezeugung in Anspruch zu nehmen, die allein die Gottheit fordern kann. Treue gegenüber Gott, solltest du dahin gelangen, ihn zu kennen, würde dich nur umso treuer und verlässlicher in deiner Ergebenheit gegenüber einem würdigen Kaiser machen.“
Zu dem aufrichtigen Oberhaupt des Mithraskultes sagte er: „Du tust recht, wenn du nach einer Religion des ewigen Heils suchst, aber du irrst dich, wenn du bei den von Menschen geschaffenen Mysterien und in menschlichen Philosophien nach einer so glorreichen Wahrheit auf die Suche gehst. Weißt du nicht, dass das Mysterium der ewigen Erlösung in deiner eigenen Seele wohnt? Weißt du nicht, dass der Gott des Himmels seinen Geist ausgesandt hat, um in dir zu leben, und dass dieser Geist alle wahrheitsliebenden und Gott dienenden Sterblichen aus diesem Leben hinaus- und durch die Pforte des Todes zu den ewigen Lichthöhen hinaufführen wird, wo Gott wartet, um seine Kinder zu empfangen? Und vergiss nie: Ihr, die ihr Gott kennt, seid Gottes Söhne, wenn ihr euch wahrhaftig danach sehnt, ihm zu gleichen.“
Zu einem epikureischen Lehrer sagte er: „Du tust gut daran, das Beste zu wählen und das Gute zu schätzen, aber ist es weise von dir, die höheren Dinge der menschlichen Existenz nicht wahrzunehmen, die sich im Geistigen befinden und aus der Bewusstwerdung der Gegenwart Gottes im Menschenherzen hervorgehen? Das Große in der gesamten menschlichen Erfahrung ist die Innewerdung Gottes, dessen Geist in dir wohnt und danach strebt, dich auf der langen und nahezu endlosen Reise bis in die persönliche Gegenwart unseres gemeinsamen Vaters zu führen, des Gottes der ganzen Schöpfung und des Herrn der Universen.“
Zu einem griechischen Unternehmer und Bauherrn sprach er: „Mein Freund, so wie du für die Menschen materielle Bauwerke errichtest, so bilde auch in dir einen geistigen Charakter heran, der dem göttlichen Geist in deiner Seele ähnelt. Lass deinen Erfolg als zeitlicher Bauherr nicht dein Wachstum als geistiger Sohn des Königreichs des Himmels überholen. Versäume nicht, während du für die anderen Häuser auf Zeit baust, dir selber das Anrecht auf die Häuser der Ewigkeit zu sichern. Denk immer daran, dass es eine Stadt gibt, deren Fundamente Rechtschaffenheit und Wahrheit sind, und deren Erbauer und Gestalter Gott ist.“
Zu einem römischen Richter sagte er: „Denke daran, wenn du über Menschen zu Gericht sitzt, dass eines Tages auch über dich selbst vor dem Richterstuhl der Herrscher eines Universums verhandelt werden wird. Richte gerecht, sogar barmherzig, denn auch du wirst eines Tages den höchsten Richter um barmherzige Behandlung anflehen. Richte so, wie du selber unter gleichen Umständen beurteilt zu werden wünschtest, und lasse dich dabei ebenso sehr vom Geiste wie vom Buchstaben des Gesetzes leiten. Und in dem Maße, wie du angesichts der Bedürfnisse derer, die vor dich gebracht werden, von Fairness geprägte Gerechtigkeit gewährst, sollst auch du das Recht haben, Gerechtigkeit zu erwarten, die durch Erbarmen gemildert wurde, wenn du dereinst vor dem Richter der ganzen Erde stehen wirst.“
Zu der Wirtin einer griechischen Herberge sagte er: „Übe deine Gastfreundschaft aus wie jemand, der die Kinder des Allerhöchsten bewirtet. Erhebe die Mühsal deines Tagewerks auf die Höhe einer Kunst, indem du dir zunehmend innewirst, dass du in den Menschen Gott dienst. Er bewohnt sie durch seinen Geist, der herabgestiegen ist, um in ihren Herzen zu leben und dadurch versucht, ihr Denken umzuwandeln und ihre Seele zur Kenntnis des Paradies-Vaters aller dieser Gaben des göttlichen Geistes zu führen.“
Jesus traf sich häufig mit einem chinesischen Kaufmann. Beim Abschied mahnte er ihn: „Bete nur Gott an, der dein wahrer geistiger Ahne ist. Denke daran, dass der Geist deines Vaters immer in dir lebt und deine Seele stets himmelwärts ausrichtet. Wenn du der unbewussten Führung durch diesen unsterblichen Geist folgst, bist du sicher, auf dem aufwärts weisenden Weg der Gottfindung weiterzuschreiten. Und wenn du schließlich den Vater im Himmel tatsächlich erreichst, so deshalb, weil du ihm auf deiner Suche immer ähnlicher geworden bist. Lebe wohl, Chang, aber nur für eine Weile, denn wir werden uns wieder sehen in den Welten des Lichts, wo der Vater der Geistseelen viele herrliche Rastplätze für jene eingerichtet hat, die nach dem Paradies unterwegs sind.“
Zu einem Reisenden aus Britannien sagte er: „Mein Bruder, ich erkenne, dass du nach der Wahrheit suchst, und ich möchte dir zu bedenken geben, dass der Geist des Vaters aller Wahrheit möglicherweise in dir wohnt. Hast du je aufrichtig versucht, mit dem Geist deiner eigenen Seele zu sprechen? Das ist in der Tat schwierig und lässt Erfolg selten bewusst werden; aber jeder ehrliche Versuch des materiellen Verstandes, mit dem ihm innewohnenden Geist in Verbindung zu treten, ist mit Sicherheit erfolgreich, wenngleich die Mehrzahl all dieser großartigen menschlichen Erlebnisse lange Zeit bloß überbewusste Eintragungen in den Seelen solcher Gott kennender Sterblicher bleiben müssen.
Zu einem von zu Hause weggelaufenen jungen Burschen sagte Jesus: „Merke dir, dass es zwei Dinge gibt, denen du nicht davonlaufen kannst – weder Gott, noch dir selber. Wohin du dich auch immer wenden magst, nimmst du dich selber und den in deinem Herzen wohnenden Geist des himmlischen Vaters mit dir. Mein Sohn, gib die Versuche auf, dich selber zu betrügen; nimm die mutige Gewohnheit an, dich den Tatsachen des Lebens zu stellen; halte dich unerschütterlich an die Zusicherung, ein Sohn Gottes zu sein, und an die Gewissheit des ewigen Lebens, wie ich es dich gelehrt habe. Mache dir von heute an zum Vorsatz, ein wahrer Mann zu sein, ein Mann, der entschlossen ist, dem Leben tapfer und intelligent die Stirn zu bieten.“
Zu einem verurteilten Verbrecher sagte er in dessen letzter Stunde: „Mein Bruder, du hast schlimme Zeiten durchmachen müssen. Du hast deinen Weg verloren; du hast dich in den Schlingen des Verbrechens verstrickt. Nachdem ich mit dir gesprochen habe, weiß ich sehr wohl, dass du das, was dich in Kürze das zeitliche Leben kosten wird, nicht geplant hast: Aber du hast diese Übeltat begangen, und deine Mitbürger haben dich schuldig befunden; sie haben deinen Tod beschlossen. Weder du noch ich können dem Staat das Recht zur Selbstverteidigung in der von ihm gewählten Weise bestreiten. Es scheint keinen menschlichen Ausweg zu geben, der Bestrafung für deine Missetat zu entrinnen. Deine Mitmenschen müssen ihr Urteil über das, was du getan hast, fällen, aber es gibt einen Richter, den du um Vergebung anrufen kannst und der dich aufgrund deiner wirklichen Beweggründe und deiner besseren Absichten richten wird. Du brauchst das Gericht Gottes nicht zu fürchten, wenn deine Reue echt ist und dein Glaube aufrichtig. Die Tatsache, dass dein Irrtum die durch Menschen verordnete Todesstrafe nach sich zieht, beeinträchtigt nicht die Möglichkeit, dass deiner Seele vor dem himmlischen Gericht Gerechtigkeit widerfährt und sie in den Genuss der Barmherzigkeit gelangt.“
Jesus hatte Freude daran, mit einer großen Zahl hungriger Seelen vertrauliche Gespräche zu führen, zu viele, als dass sie in diesen Bericht eingeschlossen werden könnten. Die drei Reisenden genossen ihren Aufenthalt in Korinth. Abgesehen von dem mehr als Bildungszentrum berühmten Athen war Korinth in jener römischen Zeit die wichtigste Stadt Griechenlands, und der zweimonatige Aufenthalt in diesem blühenden Handelszentrum bot allen dreien Gelegenheit zu wertvollen Erfahrungen. Ihr Aufenthalt in dieser Stadt war von allen Stationen auf ihrem Rückweg von Rom einer der interessantesten.
Gonod besaß in Korinth viele Interessen, aber schließlich brachte er seine Geschäfte zum Abschluss, und sie machten sich für die Seereise nach Athen bereit. Sie reisten auf einem kleinen Schiff, das auf dem Landweg über achtzehn Kilometer von einem Hafen Korinths zum anderen transportiert werden konnte.