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Die Epoche der Selbsthingabe Michaels

8. Frühere Aufzeichnungen

121:8.1

Wir waren bestrebt, so weit wie möglich und in Übereinstimmung mit unserem Auftrag die das Leben Jesu auf Urantia betreffenden vorhandenen Berichte zu benutzen und bis zu einem gewissen Grade zu koordinieren. Obwohl wir erfreulicherweise Zugang zum verloren gegangenen Bericht des Apostels Andreas hatten und aus der Mitarbeit einer großen Schar himmlischer Wesen Nutzen ziehen durften, die zur Zeit von Jesu Selbsthingabe auf Erden weilten (besonders seines jetzt Personifizierten Gedankenjustierers), haben wir uns vorgenommen, auch von den so genannten Evangelien des Matthäus, Markus, Lukas und Johannes Gebrauch zu machen.

121:8.2

Diese Aufzeichnungen des Neuen Testamentes verdanken ihre Entstehung den folgenden Umständen:

121:8.3

1. Das Markusevangelium. Johannes Markus schrieb (die Aufzeichnungen des Andreas ausgenommen) den frühesten, kürzesten und einfachsten Bericht über Jesu Leben. Er stellte den Meister als Dienenden dar, als einen Menschen unter Menschen. Obwohl Markus als Knabe selber Zeuge mancher von ihm beschriebener Szenen war, ist sein Bericht in Wahrheit das Evangelium des Simon Petrus. Er war ein früher Mitarbeiter des Petrus, später des Paulus. Markus schrieb diesen Bericht auf Veranlassung des Petrus und auf das dringende Gesuch der Kirche von Rom hin. Da er wusste, wie konsequent es der Meister ablehnte, seine Lehren niederzuschreiben, als er in Menschengestalt auf Erden war, zögerte Markus gleich den Aposteln und anderen führenden Jüngern, sie schriftlich festzuhalten. Aber Petrus spürte, dass die Kirche von Rom den Beistand einer solchen geschriebenen Erzählung nötig hatte, worauf sich Markus einverstanden erklärte, eine solche vorzubereiten. Er machte vor dem Tod des Petrus im Jahre 67 viele Notizen und begann, seinen Bericht in Übereinstimmung mit dem von Petrus genehmigten Entwurf kurz nach Petri Tod für die Kirche von Rom niederzuschreiben. Gegen Ende des Jahres 68 war das Evangelium abgeschlossen. Markus schrieb allein aus eigener Erinnerung und derjenigen des Petrus. Die Niederschrift ist seitdem beträchtlich abgeändert worden. Zahlreiche Abschnitte wurden daraus entfernt und spätere Inhalte am Ende hinzugefügt, um das letzte Fünftel des ursprünglichen Evangeliums zu ersetzen, das vom ersten Manuskript verloren gegangen war, bevor es jemals abgeschrieben wurde. Dieser Bericht des Markus bildete zusammen mit den Aufzeichnungen von Andreas und Matthäus die geschriebene Basis aller späteren Evangeliumserzählungen, die Jesu Leben und Lehren darzustellen versuchten.

121:8.4

2. Das Matthäusevangelium. Das sogenannte Matthäusevangelium ist die für die Erbauung jüdischer Christen geschriebene Aufzeichnung des Lebens des Meisters. Ihr Verfasser sucht ständig zu zeigen, dass vieles, was Jesus in seinem Leben tat, geschah, auf dass „die Worte des Propheten in Erfüllung gingen“. Das Matthäusevangelium zeichnet ein Bild von Jesus als Sohn Davids, der dem Gesetz und den Propheten große Achtung zollt.

121:8.5

Der Apostel Matthäus ist nicht der Verfasser dieses Evangeliums. Isidor, einer seiner Schüler, schrieb es. Ihm halfen bei seiner Arbeit nicht nur Matthäus‘ persönliche Erinnerungen an diese Ereignisse, sondern auch eine gewisse Niederschrift der Reden Jesu, die Matthäus unmittelbar nach der Kreuzigung angefertigt hatte. Diese Schrift war auf Aramäisch verfasst. Isidor hingegen schrieb Griechisch. Es geschah nicht in Täuschungsabsicht, wenn das Werk dem Matthäus zugeschrieben wurde. In jenen Tagen war es Brauch, dass die Schüler ihre Lehrer in dieser Weise ehrten.

121:8.6

Matthäus bearbeitete und vervollständigte seine ursprüngliche Schrift im Jahre 40, kurz bevor er Jerusalem verließ, um das Evangelium zu predigen. Es war eine persönliche Aufzeichnung, deren letzte Abschrift während des Brandes eines syrischen Klosters im Jahre 416 zerstört wurde.

121:8.7

Isidor entkam aus Jerusalem im Jahre 70 nach der Einschließung der Stadt durch die Armee des Titus. Er nahm damals eine Kopie der Aufzeich­nun­gen des Matthäus mit sich nach Pella, wo er im Jahre 71 das Evangelium nach Matthäus verfasste. Er besaß auch die ersten vier Fünftel des Markus­berichts.

121:8.8

3. Das Lukasevangelium. Der Arzt Lukas aus Antiochia in Pisidien war ein durch Paulus bekehrter Heide, der eine ganz andere Lebensgeschichte des Meisters schrieb. Im Jahre 47 begann er, Paulus zu folgen und Leben und Lehre Jesu zu studieren. Lukas, der die Tatsachen von Paulus und anderen zusammentrug, bewahrt in seinem Bericht viel von der „Anmut des Herrn Jesus Christus“. Lukas beschreibt den Meister als „Freund von Zöllnern und Sündern“. Er gab seinen vielen Aufzeichnungen erst nach Paulus‘ Tod die Form des Evangeliums, das er in Achaia im Jahre 82 niederschrieb. Er plante drei Bücher über die Geschichte Christi und der Christenheit, aber er starb anno 90 gerade vor der Vollendung des zweiten dieser Werke, der „Apostelgeschichte“.

121:8.9

Beim Zusammenstellen des Materials für sein Evangelium bezog sich Lukas in erster Linie auf die ihm von Paulus mitgeteilte Darstellung von Jesu Leben. Das Lukasevangelium ist deshalb in gewissem Sinne das Paulusevangelium. Aber Lukas hatte noch andere Informationsquellen. Er befragte nicht nur Hunderte von Augenzeugen der von ihm erwähnten zahlreichen Episoden aus Jesu Leben, sondern er besaß auch eine Abschrift des Markusevangeliums, genauer: der ersten vier Fünftel davon, ferner Isidors Darstellung und eine kurze, von einem Gläubigen namens Cedes im Jahre 78 in Antiochia verfasste Aufzeichnung. Auch befand sich eine verstümmelte und stark überarbeitete Abschrift einiger angeblich vom Apo­stel Andreas stammender Notizen in seinem Besitz.

121:8.10

4. Das Johannesevangelium. Das Evangelium nach Johannes berichtet vieles über Jesu Wirken in Judäa und in der Umgebung von Jerusalem, was in den anderen Aufzeichnungen nicht enthalten ist. Es ist das sogenannte Evangelium nach Johannes, Sohn des Zebedäus. Auch wenn Johannes es nicht selber schrieb, so inspirierte er es doch. Seit seiner ersten Niederschrift erfuhr es mehrere Überarbeitungen, um den Anschein zu erwecken, als stamme es von der Hand des Johannes selber. Zur Zeit seiner Aufzeichnung verfügte Johannes über die anderen Evangelien, und er sah, dass vieles unerwähnt geblieben war. Folgerichtig ermunterte er im Jahr 101 seinen Mitarbeiter Nathan, einen griechischen Juden aus Cäsarea, mit der Niederschrift zu beginnen. Johannes entnahm den Stoff seinem Gedächtnis und stützte sich auch auf die drei schon bestehenden Berichte. Er besaß keine eigenen schriftlichen Aufzeichnungen. Der als „Erster Johannes“ bekannte Brief wurde als Begleitbrief für das Werk, das Nathan unter seiner Leitung ausführte, von Johannes selber verfasst.

121:8.11

All diese Verfasser gaben ehrliche Darstellungen von Jesus, so wie sie ihn sahen, sich an ihn erinnerten oder von ihm gehört hatten und wie ihre spätere Annahme der christlichen Theologie des Paulus ihre Sicht jener fernen Ereignisse beeinflusste. Und diese Schriften genügten trotz ihrer Unvollkommen­heit, um den Lauf der Geschichte Urantias seit fast zweitausend Jahren zu verändern.

121:8.12

[ Erklärung : In Ausführung meines Auftrags der Neudarstellung der Lehren Jesu von Nazareth und der Neuerzählung seines Wirkens habe ich frei aus allen Quellen von Aufzeichnungen und planetarischer Information geschöpft. Mein leitender Gedanke war die Erstellung eines Berichtes, der nicht nur für die Generation der heute lebenden Menschen erhellend, sondern auch allen zukünftigen Generationen hilfreich wäre. Aus dem mir zugänglich gemachten, umfangreichen Informationsmaterial habe ich das zur Erreichung dieses Ziels am besten Geeignete ausgewählt. Soweit als möglich habe ich meine Informationen aus rein menschlichen Quellen bezogen. Nur in Ermangelung solcher Quellen habe ich übermenschliche Aufzeichnungen in Anspruch genommen. Jedes Mal, wenn Ideen und Konzepte von Jesu Leben und Lehren durch einen Menschen zufriedenstellend ausgedrückt worden waren, gab ich solchen offensichtlich menschlichen Denkmustern den Vorzug. Obwohl ich bemüht war, den verbalen Ausdruck mit unserer Vorstellung vom wirklichen Sinn und von der wahren Bedeutung von Leben und Lehren des Meisters in Einklang zu bringen, habe ich doch bei all meinen Darstellungen so weit wie möglich an den geläufigen menschlichen Begriffsbildungen und Denkmustern festgehalten. Ich weiß sehr wohl, dass solche Vorstellungen, die ihren Ursprung im menschlichen Bewusstsein haben, sich auch für das Bewusstsein aller anderen Menschen annehmbarer und hilfreicher erweisen werden. Wenn ich unfähig war, die nötigen Begriffsbildungen in den menschlichen Aufzeichnungen oder Ausdrücken zu finden, habe ich als Nächstes die Erinnerungsreserven meiner eigenen Ordnung irdischer Geschöpfe, der Mittler, in Anspruch genommen. Und wenn sich auch diese zweite Informationsquelle als unzureichend erwies, habe ich ohne zu zögern von überplanetarischen Informationsquellen Gebrauch gemacht.

121:8.13

Das von mir zusammengetragene Material, auf dem mein Bericht von Jesu Leben und Lehren aufbaut, umfasst – abgesehen von der Erinnerung an das, was Andreas aufschrieb – die gesammelten Gedankenjuwele und höheren Kon­zepte von Jesu Lehren von mehr als zweitausend menschlichen Wesen, die seit den Tagen Jesu bis zur Zeit der Abfassung dieser Offenbarungen, oder richtiger Neudarstellungen, auf Erden gelebt haben. Die Erlaubnis zur Offenbarung wurde nur benutzt, wenn menschliche Berichterstattung und menschliche Konzepte kein angemessenes Gedankenmodell liefern konnten. Meine Offen­ba­rungs­kommission verbot mir, auf außermenschliche Informations- oder Aus­drucks­­quellen zurückzugreifen, solange ich nicht bezeugen konnte, dass meine Bemühungen, den benötigten begrifflichen Ausdruck in rein menschlichen Quellen ausfindig zu machen, erfolglos verlaufen waren.

121:8.14

Zusammen mit meinen Gefährten und Mitarbeitern, den elf Mittlern, und unter der Oberaufsicht des für den Bericht verantwortlichen Melchisedeks, habe ich zwar diese Erzählung gemäß meiner Vorstellung von ihrer wirkungsvollsten Verarbeitung verfasst und selbst den unmittelbaren Ausdruck gewählt; nichtsdestoweniger stammen die Mehrzahl der Ideen und sogar einige der treffenden Ausdrücke, die ich benutzt habe, von Menschen vieler Rassen, die in den dazwischenliegenden Generationen auf Erden gelebt haben bis hin zu jenen, die zur Zeit dieses Unternehmens noch am Leben sind. In mancher Hinsicht habe ich mehr die Rolle eines Sammlers und Herausgebers, als die eines originalen Erzählers wahrgenommen. Ich habe ohne zu zögern zu jenen vorzugsweise menschlichen Ideen und Konzepten gegriffen, die mich befähigten, das Leben Jesu am wirkungsvollsten zu schildern und seine unvergleichlichen Lehren in einer Ausdrucksweise neu zu formulieren, die durch ihre Aussagekraft hilfreich und universal erhebend sein würde. Im Namen der Bruderschaft der vereinigten Mittler Urantias anerkenne ich in größter Dankbarkeit unsere Verbindlichkeit gegenüber allen Berichts- und Konzeptquellen, die zur Ausarbeitung unserer jetzt folgenden Neudarstellung von Jesu Leben auf Erden herangezogen worden sind.]


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