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Die Lehren Melchisedeks im Abendland

7. Die christliche Religion

98:7.1

Nicht um einen zornigen Gott zu versöhnen, inkarnierte sich ein Schöpfersohn in der Gestalt eines Sterblichen und gab sich an die Menschheit Urantias hin, sondern um die ganze Menschheit dahin zu bringen, des Vaters Liebe zu erkennen und sich ihrer Sohnesbeziehung zu Gott bewusst zu werden. Im Grunde erkannte selbst der große Anwalt der Sühnedoktrin etwas von dieser Wahrheit, denn er erklärte, dass „Gott in Christus die Welt mit sich versöhnte“.

98:7.2

Es ist nicht Aufgabe dieser Schrift, auf Ursprung und Verbreitung der christ­lichen Religion einzugehen. Begnügen wir uns damit festzuhalten, dass sie um die Person Jesu von Nazareth, den als Menschen inkarnierten Michael-Sohn von Nebadon herum aufgebaut ist, den Urantia als den Christus, den Gesalb­ten, kennt. Das Christentum wurde in der Levante und im Abendland durch die Jünger dieses Galiläers verbreitet, und ihr missionarischer Eifer kam dem ihrer illustren Vorgänger, der Sethiter und Salemiten, und dem ihrer ernsten asiatischen Zeitgenossen, der buddhistischen Lehrer, gleich.

98:7.3

Die christliche Religion als urantianisches Glaubenssystem entstand aus der Vermengung folgender Lehren, Einflüsse, Glaubensvorstellungen, Kulte und individueller persönlicher Haltungen:

98:7.4

1. Die Lehren Melchisedeks. Sie bilden den Grundfaktor aller Religionen von Okzident und Orient, die in den letzten viertausend Jahren entstanden sind.

98:7.5

2. Das hebräische System der Sittlichkeit, Ethik, Theologie und des Glaubens an die Vorsehung sowie an den höchsten Jahve.

98:7.6

3. Die zoroastrische Auffassung vom Kampf zwischen dem kosmischen Guten und Bösen, die ihren Stempel bereits dem Judaismus und dem Mithraismus aufgedrückt hatte. Durch den lang währenden Kontakt, den die Kämpfe zwischen Mithraismus und Christentum mit sich brachten, wurden die Lehren des iranischen Propheten zu einem mächtigen und bestimmenden Faktor in der theologischen und philosophischen Art und Bauweise der Dogmen, Lehrsätze und der Kosmologie der hellenisierten und latinisierten Versionen von Jesu Lehren.

98:7.7

4. Die Mysterienkulte, insbesondere der Mithraismus, aber auch die Verehrung der Großen Mutter im phrygischen Kult. Selbst auf die Legenden über Jesu Geburt auf Urantia färbte die römische Version von der wunderbaren Geburt des iranischen Retters und Helden Mithras ab, bei dessen Ankunft auf Erden nur eine Handvoll Hirten zugegen waren, die Geschenke darbrachten und denen Engel das unmittelbar bevorstehende Ereignis bekannt gegeben hatten.

98:7.8

5. Die historische Tatsache des menschlichen Lebens Josua ben Josephs, die Realität Jesu von Nazareth als des verherrlichten Christus, des Sohnes Gottes.

98:7.9

6. Der persönliche Gesichtspunkt von Paulus von Tarsus. Und es sollte daran erinnert werden, dass während seiner Adoleszenz die dominierende Religion von Tarsus der Mithraismus war. Paulus hätte sich nie träumen lassen, dass seine in guter Absicht verfassten Briefe an seine Bekehrten eines Tages von späteren Christen als „Wort Gottes“ betrachtet würden. Man darf solche wohlmeinenden Lehrer nicht für den Gebrauch verantwortlich machen, den spätere Nachfolger von ihren Schriften machen.

98:7.10

7. Das philosophische Denken der hellenistischen Völker, von Alexan­drien und Antiochien über Griechenland bis nach Syrakus und Rom. Die Philosophie der Griechen stand mehr in Harmonie mit der paulinischen Version des Christentums als mit jedem anderen der damaligen religiösen Systeme und wurde zu einem wichtigen Faktor des Erfolges des Christentums im Abend­land. Immer noch bildet die griechische Philosophie im Verein mit der Theologie des Paulus die Grundlage der europäischen Ethik.

98:7.11

Während die ursprünglichen Lehren Jesu im Abendland eindrangen, wurden sie verwestlicht, und mit ihrer Verwestlichung begannen sie, ihre potentiell universale Anziehungskraft auf alle Rassen und Arten von Menschen einzubüßen. Das heutige Christentum ist zu einer Religion geworden, die den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Sitten der weißen Rassen gut angepasst ist. Es hat seit langem aufgehört, Jesu Religion zu sein, obwohl es Einzelnen, die aufrichtig seiner Unterweisung nachzuleben trachten, immer noch mutig eine schöne Religion über Jesus bietet. Es hat Jesus als den Christus, den messianischen Gesalbten Gottes verherrlicht, aber es hat weitgehend des Meisters persönliches Evangelium vergessen: die Vaterschaft Gottes und die universale Bruderschaft aller Menschen.

98:7.12

Das ist die lange Geschichte der Lehren Machiventa Melchisedeks auf Urantia. Es ist fast viertausend Jahre her, seit sich dieser Nothelfersohn Nebadons auf Urantia hingab, und in diesem Zeitraum sind die Lehren des „Priesters El Elyons, des Allerhöchsten Gottes“, zu allen Rassen und Völkern gedrungen. Und Machiventa erfüllte das Ziel seiner außergewöhnlichen Selbsthingabe; denn als Michael sich anschickte, auf Urantia zu erscheinen, existierte das Gotteskonzept in den Herzen von Männern und Frauen, dasselbe Gotteskonzept, das in der lebendigen geistigen Erfahrung der mannigfaltigen Kinder des Universalen Vaters immer wieder neu aufflammt, während sie ihr fesselndes zeitliches Leben auf den durch den Raum wirbelnden Planeten leben.

98:7.13

[Dargeboten von einem Melchisedek von Nebadon.]


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