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Fetische, Zauber und Magie

4. Magie

88:4.1

Der Zivilisierte geht die Probleme seines wirklichen Umfeldes mittels seiner Wissenschaft an; der Wilde versuchte die wirklichen Probleme einer illusorischen Phantomumwelt durch Magie zu lösen. Magie war die Technik zur Beeinflussung des eingebildeten Geisterumfelds, dessen Machenschaften unaufhörlich das Unerklärliche erklärten; sie war die Kunst, durch die Benutzung von Fetischen oder anderer und mächtigerer unsichtbarer Wesen die Geister zu freiwilliger Zusammenarbeit zu gewinnen und unfreiwillige Geisterhilfe herbeizuzwingen.

88:4.2

Das Ziel von Magie, Hexerei und Geisterbeschwörung war ein Doppeltes:

88:4.3

1. Einblick in die Zukunft zu gewinnen.

88:4.4

2. Das Umfeld günstig zu beeinflussen.

88:4.5

Die Ziele der Wissenschaft sind mit denen von Magie identisch. Die Menschheit schreitet nicht durch Meditation und Verstand von Magie zu Wissenschaft fort, sondern vielmehr durch lange Erfahrung, allmählich und mühsam. Der Mensch findet nach und nach im Rückwärtsgehen zur Wahrheit; er beginnt im Irrtum, macht im Irrtum weiter und gelangt endlich an die Schwelle der Wahrheit. Erst mit dem Aufkommen der wissenschaftlichen Methode hat er sich nach vorne gewandt. Aber der Primitive musste experimentieren oder untergehen.

88:4.6

Die durch den frühen Aberglauben ausgeübte Faszination war die Mutter der späteren wissenschaftlichen Neugier. Es lebte in diesem primitiven Aberglauben ein vorwärts gerichtetes, dynamisches Gefühl – eine Mischung aus Furcht und Neugier; es gab in der alten Magie eine fortschrittliche Antriebskraft. All dieser Aberglaube stellte das Erwachen des menschlichen Wunsches dar, die planetarische Umwelt zu verstehen und zu meistern.

88:4.7

Die Magie gewann eine solche Macht über den Wilden, weil er die Vorstellung von einem natürlichen Tod nicht begreifen konnte. Die spätere Idee von der Erbsünde trug viel dazu bei, den Griff zu lockern, in dem Magie die Rasse hielt, weil sie eine Erklärung für den natürlichen Tod bot. Es war zu einer gewissen Zeit überhaupt nichts Ungewöhnliches, dass zehn unschuldige Personen hingerichtet wurden, weil sie angeblich für den natürlichen Tod eines Einzigen verantwortlich waren. Das ist einer der Gründe, weshalb die alten Völker nicht schneller zunahmen, und dies gilt immer noch für einige afrikanische Stämme. Der Angeklagte bekannte sich gewöhnlich für schuldig, selbst noch angesichts des Todes.

88:4.8

Die Magie ist für einen Wilden natürlich. Er glaubt, dass ein Feind wirklich getötet werden kann, wenn über seinem Haarbüschel oder über Schnipseln seiner Fingernägel Hexerei betrieben wird. Die Tödlichkeit von Schlangenbissen wurde der Magie des Hexenmeisters zugeschrieben. Die Schwierigkeit, Magie zu bekämpfen, kommt von der Tatsache, dass Angst töten kann. Die primitiven Völker fürchteten sich derart vor Magie, dass diese tatsächlich tötete, und solche Resultate genügten, um sie in ihrem Irrglauben zu bestärken. Im Falle von Misserfolgen gab es immer irgendeine einleuchtende Erklärung; das Mittel bei versagender Magie war noch mehr Magie.


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