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Die Evolution der menschlichen Regierung

6. Monarchische Regierung

70:6.1

Eine wirksame Staatsführung kam erst mit dem Erscheinen eines Führers mit voller exekutiver Autorität. Der Mensch fand heraus, dass eine wirksame Regierung nur zu haben ist, indem man einer Persönlichkeit Macht überträgt, und nicht durch die Propagierung einer Idee.

70:6.2

Die Herrschaftsidee ging aus der Vorstellung von Familienautorität oder Reichtum hervor. Wenn aus einem kleinen patriarchalischen König ein richtiger König wurde, nannte man ihn manchmal „Vater seines Volkes“. Später dachte man, die Könige stammten von Helden ab. Und noch später wurde die Herrschaft erblich, weil man an den göttlichen Ursprung der Könige glaubte.

70:6.3

Das erbliche Königtum verhinderte die Anarchie, die vordem zwischen dem Tod eines Königs und der Wahl seines Nachfolgers jeweils ein großes Chaos angerichtet hatte. Die Familie hatte ein biologisches Haupt und der Klan einen gewählten natürlichen Führer; aber weder der Stamm noch der spätere Staat hatten einen natürlichen Führer, und das war ein zusätzlicher Grund, die Macht der Hauptkönige vererbbar zu machen. Die Idee von königlichen Familien und Aristokratie beruhte auch auf der in den Klanen herrschenden Sitte des „Besitzes eines Namens“.

70:6.4

Die Aufeinanderfolge der Könige wurde schließlich als übernatürlich betrachtet, weil man dachte, das königliche Blut gehe zurück bis auf die Zeiten des materialisierten Stabs Caligastias. So wurden die Könige zu Fetisch-Persönlichkeiten, vor denen man sich maßlos fürchtete. Man nahm eine besondere Redeweise an, um sich bei Hofe auszudrücken. Noch bis vor kurzem glaubte man, dass die Berührung eines Königs Krankheiten heilen könne, und einige Völker Urantias glauben immer noch an den göttlichen Ursprung ihrer Herrscher.

70:6.5

Der frühe Fetischkönig wurde oft in Abgeschiedenheit gehalten, weil man ihn für zu heilig hielt, um außer an Fest- und Feiertagen gesehen zu werden. Gewöhnlich wurde ein Stellvertreter gewählt, um ihn zu personifizieren, und das ist der Ursprung des Ministerpräsidenten. Der erste Kabinettsbeamte war ein Nahrungsverwalter; bald folgten ihm andere. Die Herrscher ernannten bald Repräsentanten, die für Handel und Religion verantwortlich waren; und die Entwicklung eines Kabinetts war ein direkter Schritt in Richtung einer Entpersönlichung der Exekutivgewalt. Aus diesen Helfern der frühen Könige wurde der anerkannte Adel, und die Königsgattin stieg allmählich zur Würde einer Königin auf, als man begann, den Frauen größere Achtung entgegenzubringen.

70:6.6

Skrupellose Herrscher gewannen große Macht durch die Entdeckung von Gift. Die frühe Hofmagie war teuflisch; die Feinde des Königs starben alsbald. Aber auch der despotischste Tyrann war gewissen Einschränkungen unterworfen; wenigstens hielt ihn die ständige Furcht zurück, selber ermordet zu werden. Die Medizinmänner, Hexenmeister und Priester waren für die Könige immer ein mächtiger Hemmschuh. In der Folge übten die Landbesitzer, die Aristokratie, einen zügelnden Einfluss aus. Und von Zeit zu Zeit erhoben sich die Klane und Stämme ganz einfach und stürzten ihre Despoten und Tyrannen. Wenn abgesetzte Herrscher zum Tod verurteilt wurden, ließ man ihnen oft die Wahl, sich selber umzubringen, was die einstige beliebte Gepflogenheit, unter gewissen Umständen Selbstmord zu begehen, entstehen ließ.


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