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Probleme der Rebellion Luzifers

5. Die Weisheit des Aufschubs

54:5.1

Von den vielen mir bekannten Gründen, weshalb Luzifer und seine Komplizen nicht früher interniert oder verurteilt wurden, ist mir erlaubt, die folgenden anzuführen:

54:5.2

1. Barmherzigkeit verlangt, dass jeder Missetäter genügend Zeit habe, um hinsichtlich seiner üblen Gedanken und sündigen Handlungen zu einer entschiedenen und reiflich überlegten Haltung zu finden.

54:5.3

2. Die höchste Gerechtigkeit wird von der Liebe des Vaters beherrscht; deshalb wird Gerechtigkeit niemals zerstören, was Barmherzigkeit retten kann. Jedem Übeltäter wird Zeit zugestanden, um die Rettung anzunehmen.

54:5.4

3. Kein liebevoller Vater zeigt je Eile, ein Mitglied seiner Familie wegen eines Vergehens zu bestrafen. Die Geduld kann nicht unabhängig von der Zeit funktionieren.

54:5.5

4. Übles Tun gereicht einer Familie immer zum Nachteil, aber Weisheit und Liebe halten die rechtschaffenen Kinder dazu an, einem verirrten Bruder Geduld entgegenzubringen, solange die vom liebenden Vater zugestandene Zeit währt, in der der Sünder seinen Irrtum einsehen und sich der Rettung zuwenden kann.

54:5.6

5. Unabhängig von Michaels Einstellung gegenüber Luzifer, und obwohl er dessen Schöpfer-Vater war, stand es dem Schöpfersohn nicht zu, den abtrünnigen Souverän des Systems summarisch abzuurteilen, da er damals seine Laufbahn der Selbsthingaben, die ihm die unbeschränkte Souveränität über Nebadon erst eintragen sollten, noch nicht abgeschlossen hatte.

54:5.7

6. Die Ältesten der Tage hätten die Rebellen unverzüglich vernichten können, aber sie richten Missetäter nur selten hin, ohne sich ihren Fall ausgiebig angehört zu haben. In dieser Angelegenheit lehnten sie es ab, sich über Michaels Entscheidungen hinwegzusetzen.

54:5.8

7. Es ist offensichtlich, dass Immanuel Michael riet, gegenüber den Rebellen auf Distanz zu gehen und der Rebellion zu erlauben, den natürlichen Lauf der Selbst-Auslöschung zu nehmen. Und die Weisheit des Einigers der Tage ist die Widerspiegelung in der Zeit der vereinten Weisheit der Paradies-Trinität.

54:5.9

8. Der Getreue der Tage Edentias riet den Konstellationsvätern, den Rebellen freien Lauf zu lassen, damit in den Herzen aller damaligen und zukünftigen Bürger Norlatiadeks – jedes sterblichen, morontiellen und geistigen Geschöpfs – nur umso früher alle Sympathie für die Missetäter ausgerottet würde.

54:5.10

9. Auf Jerusem riet der persönliche Repräsentant des Supremen Vollziehers Orvontons Gabriel, jedem lebendigen Geschöpf ausgiebig Gelegenheit zu geben, in den mit der Freiheitserklärung Luzifers zusammenhängenden Fragen eine ausgereifte, entschiedene Wahl zu treffen. Nachdem die Frage des möglichen Ausgangs der Rebellion aufgeworfen worden war, erklärte Gabriels Notberater aus dem Paradies, dass, sollte nicht allen Geschöpfen Norlatiadeks eine derartige vollständige und freie Gelegenheit geboten werden, dann als Selbstschutzmaßnahme die Paradies-Quarantäne gegen all solche potentiell halbherzigen und von Zweifeln geplagten Geschöpfe auf die ganze Konstellation ausgedehnt werden müsste. Um die Tore des Paradieses für die aufsteigenden Wesen Norlatiadeks offen zu halten, war es nötig, die Rebellion sich voll entwickeln zu lassen und sicherzustellen, dass jedes irgendwie davon betroffene Wesen zu einer vollkommen entschiedenen Haltung gelangen konnte.

54:5.11

10. Die Göttliche Ministerin von Salvington erließ als ihre dritte unabhängige Verlautbarung eine Weisung des Inhalts, dass nichts unternommen werden dürfe, um das abscheuliche Gesicht der Rebellen und der Rebellion halbwegs zu heilen, feige zu überdecken oder anderswie zu verbergen. Die Engelscharen wurden angewiesen, darauf hinzuarbeiten, dass die Sünde ins helle Tageslicht trete und unbeschränkt Gelegenheit erhalte, sich auszudrücken, weil dies die schnellste Technik zu einer vollständigen und endgültigen Heilung von der Geißel der Schlechtigkeit und Sünde sei.

54:5.12

11. Auf Jerusem wurde ein Notrat aus ehemaligen Sterblichen gebildet, der sich aus Mächtigen Botschaftern – verherrlichten Sterblichen, die in ähnlichen Situationen persönliche Erfahrungen gesammelt hatten – und ihren Kollegen zusammensetzte. Sie gaben Gabriel zu bedenken, dass mindestens dreimal so viel Wesen abirren würden, wenn willkürliche oder summarische Unterdrückungsmethoden versucht würden. Das gesamte Beraterkorps aus Uversa riet Gabriel einhellig dazu, der Rebellion ihren freien und natürlichen Lauf zu lassen, sollte es auch eine Million Jahre erfordern, um ihre Folgen zu liquidieren.

54:5.13

12. Auch in einem Universum der Zeit ist die Zeit etwas Relatives: Wenn ein urantianischer Sterblicher von mittlerer Lebensdauer ein Verbrechen beginge, das ein weltweites Pandämonium auslöste, und wenn er zwei, drei Tage nach begangener Untat gefasst, abgeurteilt und hingerichtet würde, käme euch das lang vor? Und doch wäre das, gemessen an Luzifers Lebensdauer, ein recht guter Vergleich, selbst wenn seine jetzt begonnene Aburteilung nicht vor hunderttausend Jahren Urantias abgeschlossen sein sollte. Aus der Sicht Uversas, wo der Streitfall hängig ist, könnte man, um die relative Zeitspanne anzugeben, etwa sagen, Luzifers Verbrechen sei zweieinhalb Sekunden nach seiner Begehung vor Gericht gebracht worden. Vom Paradies aus gesehen fällt die Aburteilung mit der Tat zusammen.

54:5.14

Es gibt eine ebenso große Anzahl weiterer Gründe gegen ein willkürliches Aufhalten der Rebellion Luzifers, die ihr teilweise verstehen könntet, die ich aber nicht anführen darf. Indessen kann ich euch mitteilen, dass wir auf Uversa achtundvierzig Gründe lehren, weshalb dem Übel erlaubt wird, frei seinem sittlichen Bankrott und seiner geistigen Auslöschung entgegenzulaufen. Ich zweifle nicht daran, dass es gerade noch einmal so viele zusätzliche, mir unbekannte Gründe gibt.


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