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Der Besuch in Philadelphia

3. Die gemütskranke Frau

167:3.1

Abner hatte Vorkehrungen getroffen, damit der Meister an diesem Sabbattag in der Synagoge lehren konnte. Es war das erste Mal, dass Jesus in einer Sy­nagoge erschien, seit diese sämtlich auf Befehl des Sanhedrins für seine Lehren geschlossen worden waren. Am Ende des Gottesdienstes blickte Jesus auf eine ältere Frau vor ihm herab, deren Ausdruck Nieder­geschlagenheit verriet und die stark vornüber gebeugt war. Diese Frau litt seit langem unter Angstzuständen, und alle Freude war aus ihrem Leben gewichen. Als Jesus vom Rednerpult herabstieg, ging er zu ihr hin, berührte ihre niedergebeugte Gestalt an der Schulter und sagte: „Frau, wenn du nur glauben wolltest, könntest du von deinem kranken Geist völlig befreit werden.“ Und diese Frau, die mehr als achtzehn Jahre lang an Angstzuständen gelitten hatte, die sie niedergebeugt und gebunden hatten, glaubte den Worten des Meisters und richtete sich dank ihrem Glauben sogleich auf. Als die Frau feststellte, dass sie aufrecht geworden war, erhob sie ihre Stimme und lobte Gott.

167:3.2

Obwohl das Leiden dieser Frau rein psychisch und ihre gebeugte Gestalt das Resultat ihres depressiven Gemüts war, glaubten die Leute, Jesus habe ein richtiges physisches Gebrechen geheilt. Die Gemeinde der Synagoge von Philadelphia war Jesu Lehren gegenüber zwar freundlich eingestellt, aber der Hauptverantwortliche der Synagoge war ein nicht günstig gesinnter Pharisäer. Und da er mit der Versammlung die Meinung teilte, Jesus habe eine physische Krankheit geheilt und er über die Anmaßung Jesu empört war, so etwas an einem Sabbat zu tun, erhob er sich vor der Gemeinde und sprach: „Gibt es nicht sechs Tage, an denen die Menschen all ihre Arbeit tun sollten? Kommt deshalb an diesen Werktagen zur Heilung, aber nicht am Sabbattag.“

167:3.3

Nach diesen Worten des unfreundlichen Leiters bestieg Jesus noch einmal das Rednerpodium und sagte: „Warum die Rolle von Heuchlern spielen? Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen los und führt ihn aus dem Stall zur Tränke? Wenn ein solcher Dienst am Sabbattag zulässig ist, darf dann nicht auch diese Frau, eine Tochter Abrahams, die von achtzehn Jahre langem Unglück niedergebeugt war, aus ihren Fesseln befreit und hinausgeführt werden, um vom Wasser der Freiheit und des Lebens zu trinken, sogar am heutigen Sabbattag?“ Als die Frau fortfuhr, Gott zu lobpreisen, war sein Kritiker beschämt, und die Gemeinde freute sich mit ihr darüber, dass sie geheilt worden war.

167:3.4

Infolge seiner an diesem Sabbat an Jesus geübten öffentlichen Kritik wurde der Hauptverantwortliche der Synagoge abgesetzt und durch einen Anhänger Jesu ersetzt.

167:3.5

Oft befreite Jesus solche Opfer der Angst von ihrem kranken Gemüt, von ihrer Niedergeschlagenheit und Gefangenschaft in der Furcht. Aber die Leute meinten, dass all diese Leiden entweder physische Krankheiten oder Besessenheit durch böse Geister seien.

167:3.6

Am Sonntag lehrte Jesus wieder in der Synagoge, und viele wurden gegen Mittag jenes Tages von Abner im Bach getauft, der südlich an der Stadt vorbeifloss. Am nächsten Morgen wären Jesus und die zehn Apostel zur Rückkehr ins Lager von Pella aufgebrochen, wenn nicht ein Bote Davids mit einer dringenden Botschaft für Jesus von seinen Freunden in Bethanien bei Jerusalem eingetroffen wäre.


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