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Schrift 165
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Die peräische Mission beginnt

2. Predigt über den guten Hirten

165:2.1

Eine über dreihundertköpfige Schar von Bewohnern Jerusalems, von Pharisäern und anderen, folgte Jesus gen Norden nach Pella, als er sich am Ende des Festes der Tempelweihe eilends aus dem Hoheitsgebiet der jüdischen Führer wegbegab. Und es geschah in Gegenwart dieser jüdischen Lehrer und Führer und im Beisein der zwölf Apostel, dass Jesus die Predigt über den „Guten Hirten“ hielt. Nach einer halben Stunde ungezwungener Diskussion sprach Jesus zu einer Gruppe von ungefähr hundert Anwesenden:

165:2.2

„Heute Abend habe ich euch viel zu sagen, und da viele von euch meine Jünger und einige von euch meine erbitterten Feinde sind, will ich meiner Unter­weisung die Form eines Gleichnisses geben, so dass jeder von euch für sich davon nehmen kann, was in seinem Herzen einen Widerhall findet.

165:2.3

Hier vor mir sind heute Abend Menschen, die bereit wären, für mich und dieses Evangelium vom Königreich zu sterben, und einige von ihnen werden sich auch in den kommenden Jahren in dieser Weise opfern; und hier unter euch sind ebenfalls einige, Sklaven der Tradition, die mir von Jerusalem her gefolgt sind, und die zusammen mit ihren verfinsterten und irregeleiteten Führern dem Menschensohn nach dem Leben trachten. Das Leben, das ich jetzt in Menschengestalt lebe, wird beide von euch richten, die wahren Hirten und die falschen Hirten. Wenn der falsche Hirte blind wäre, wäre er ohne Sünde, aber ihr erhebt den Anspruch zu sehen; ihr bezeichnet euch als Lehrer in Israel; deshalb bleibt eure Sünde auf euch.

165:2.4

Der wahre Schafhirte treibt in Zeiten der Gefahr seine Herde über Nacht im Pferch zusammen. Und wenn es tagt, betritt er den Pferch durch das Gatter, und wenn er ruft, kennen die Schafe seine Stimme. Jeder Schäfer, der auf andere Weise als durch das Gatter in den Schafpferch eindringt, ist ein Dieb und Räuber. Der wahre Schafhirte betritt den Pferch, nachdem der Türhüter ihm das Gatter geöffnet hat, und seine Schafe, die seine Stimme kennen, kommen heraus, wenn er sie ruft. Und wenn er sie, die ihm gehören, so hinausgebracht hat, geht der wahre Schafhirt ihnen voraus; er zeigt den Weg, und die Schafe folgen ihm. Seine Schafe folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen; sie werden keinem Fremden folgen. Sie werden vor dem Fremden fliehen, weil sie seine Stimme nicht kennen. Die vielen Menschen, die hier um uns versammelt sind, gleichen Schafen ohne Schafhirten, aber wenn wir zu ihnen sprechen, erkennen sie des Hirten Stimme und sie folgen uns nach; wenigstens tun es jene, die nach Wahrheit hungern und nach Gerechtigkeit dürsten. Einige von euch gehören nicht zu meinem Pferch. Ihr kennt meine Stimme nicht und ihr folgt mir nicht. Und weil ihr falsche Hirten seid, kennen die Schafe eure Stimme nicht und wollen euch nicht folgen.“

165:2.5

Nachdem Jesus dieses Gleichnis beendet hatte, stellte ihm niemand eine Frage. Nach einer Weile ergriff er wieder das Wort und ging dazu über, das Gleichnis zu besprechen:

165:2.6

„Ihr, die ihr Unterhirten der Herde meines Vaters sein möchtet, müsst nicht nur gute Anführer sein, sondern ihr müsst die Herde auch mit guter Nahrung speisen ; ihr seid keine wahren Hirten, wenn ihr eure Herden nicht auf grüne Weiden und zu stillen Wassern führt.

165:2.7

Und damit niemand von euch dieses Gleichnis zu mühelos verstehe, will ich erklären, dass ich zugleich das Tor zu meines Vaters Schafpferch und der wahre Hirte der Herde meines Vaters bin. Keinem Schäfer wird es gelingen, den Pferch ohne mich zu betreten, und die Schafe werden seine Stimme nicht hören. Ich, zusammen mit denen, die mit mir dienen, bin das Tor. Jegliche Seele, die den ewigen Weg durch die von mir geschaffenen und angeordneten Mittel betritt, wird gerettet werden und fähig sein, sich aufzumachen zu den ewigen Weiden des Paradieses.

165:2.8

Ich bin aber auch der wahre Hirte, der gewillt ist, für die Schafe sogar sein Leben hinzugeben. Der Dieb bricht nur in den Pferch ein, um zu stehlen, zu töten und zu zerstören; aber ich bin gekommen, damit ihr alle das Leben habt und es in reichlicherem Maße habt. Ein bloßer gedungener Knecht wird fliehen, wenn Gefahr droht, und zulassen, dass seine Herde auseinander gerissen und vernichtet wird; aber der wahre Schäfer wird nicht die Flucht ergreifen, wenn der Wolf kommt; er wird seine Herde schützen und, wenn nötig, für seine Schafe sein Leben lassen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, meinen Freunden und Feinden, ich bin der wahre Hirte; ich kenne die Meinigen, und die Meinigen kennen mich. Ich werde angesichts der Gefahr nicht fliehen. Ich werde den Willen meines Vaters bis zum Ende dienend erfüllen, und ich werde die Herde nicht verlassen, die der Vater meiner Obhut anvertraut hat.

165:2.9

Aber ich habe noch viele andere Schafe, die nicht zu dieser Herde gehören, und diese Worte haben nicht nur für diese Welt Gültigkeit. Diese anderen Schafe hören und kennen meine Stimme ebenfalls, und ich habe dem Vater versprochen, sie alle in eine einzige Herde einzubringen, in eine einzige Bruderschaft der Söhne Gottes. Und dann werdet ihr alle die Stimme eines einzigen Schäfers, des wahren Hirten kennen, und ihr werdet alle die Vaterschaft Gottes anerkennen.

165:2.10

Und so werdet ihr wissen, weshalb der Vater mich liebt und sämtliche Herden dieses Reichs in die Obhut meiner Hände gegeben hat; er tut es, weil er weiß, dass ich bei der Bewachung der Schafherde nicht versagen und meine Schafe nicht verlassen werde und dass ich, sollte es nötig werden, nicht zögern werde, im Dienste seiner mannigfaltigen Herden mein Leben hinzugeben. Aber merkt euch wohl, wenn ich mein Leben ablege, werde ich es auch wieder aufnehmen. Kein Mensch noch irgendein anderes Geschöpf kann mir mein Leben nehmen. Ich habe das Recht und die Macht, mein Leben abzulegen, und ich habe dieselbe Macht und dasselbe Recht, es wieder aufzunehmen. Ihr könnt das nicht verstehen, aber ich habe solche Vollmacht von meinem Vater erhalten, noch ehe es diese Welt gab.“

165:2.11

Als sie diese Worte vernahmen, waren seine Apostel verwirrt, seine Jünger erstaunt, während die Pharisäer von Jerusalem und Umgebung in die Nacht hinausgingen und sagten: „Er ist entweder verrückt oder von einem Teufel besessen.“ Aber sogar einige der Lehrer aus Jerusalem sagten: „Er spricht wie einer, der Vollmacht hat; wer hat übrigens je einen von einem Dämonen Besessenen gesehen, der die Augen eines Blindgeborenen öffnet und all die wunderbaren Dinge vollbringt, die dieser Mann getan hat?“

165:2.12

Am anderen Morgen bekannte sich etwa die Hälfte dieser jüdischen Lehrer zum Glauben an Jesus, während die andere Hälfte verstört nach Jerusalem und nach Hause zurückkehrte.


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