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Weitere Diskussionen mit Rodan

2. Die göttliche Natur Jesu

161:2.1

Da Nathanael und Thomas Rodans Sicht vom Evangelium des Königreichs so völlig zustimmten, blieb nur noch ein Punkt zu erwägen, nämlich die Lehre von der göttlichen Natur Jesu, eine erst vor so kurzer Zeit öffentlich verkündete Doktrin. Nathanael und Thomas legten ihre Anschauungen von der göttlichen Natur des Meisters gemeinsam dar, und das Folgende ist eine gedrängte, neu gruppierte und neu formulierte Darstellung ihrer Unterweisung:

161:2.2

1. Jesus hat sich zu seiner Göttlichkeit bekannt, und wir glauben ihm. Viele bemerkenswerte Dinge haben sich in Verbindung mit seinem Wirken ereignet, die wir nur verstehen können, wenn wir glauben, dass er sowohl der Menschen­sohn als auch der Gottessohn ist.

161:2.3

2. Sein Zusammenleben mit uns ist ein ideales Beispiel menschlicher Freundschaft; nur einem göttlichen Wesen ist es möglich, solch ein menschlicher Freund zu sein. Er ist die wahrhaft selbstloseste Person, die wir je gekannt haben. Er ist sogar der Freund von Sündern; er wagt es, seine Feinde zu lieben. Er hält sehr treu zu uns. Obwohl er nicht zögert, uns zu tadeln, ist es uns allen klar, dass er uns wahrhaftig liebt. Je besser man ihn kennt, umso mehr liebt man ihn. Man ist von seiner unbeirrbaren Hingabe bezaubert. In all diesen Jahren, da wir nicht imstande waren, seine Sendung zu verstehen, war er uns ein treuer Freund. Er macht keinen Gebrauch von Schmeichelei; er behandelt uns alle mit gleicher Liebenswürdigkeit; er ist stets sanft und mitfühlend. Er hat sein Leben und alles andere mit uns geteilt. Wir sind eine glückliche Gemeinschaft; wir teilen alles miteinander. Wir glauben nicht, dass ein bloßer Mensch ein solch untadeliges Leben unter so schwierigen Umständen führen könnte.

161:2.4

3. Wir denken, dass Jesus göttlich ist, weil er nie Unrecht tut; er macht nie Fehler. Seine Weisheit ist außerordentlich und seine Frömmigkeit wunderbar. Er lebt Tag für Tag in vollkommener Übereinstimmung mit des Vaters Willen. Er bereut nie irgendwelche Missetaten, weil er keines der Gesetze des Vaters übertritt. Er betet für uns und mit uns, aber er bittet uns nie, für ihn zu beten. Wir glauben, dass er durch und durch ohne Sünde ist. Wir glauben nicht, dass jemand, der nur menschlich ist, sich je dazu bekannt hat, ein solches Leben zu leben. Er erhebt den Anspruch, ein vollkommenes Leben zu führen, und wir bestätigen, dass er es wirklich tut. Unsere Frömmigkeit entspringt der Reue, aber seine Frömmigkeit kommt aus Rechtschaffenheit. Er erklärt sogar, Sünden zu vergeben und er heilt tatsächlich Krankheiten. Kein bloßer Mensch, der bei Sinnen ist, würde erklären, er könne Sünden vergeben; das ist ein göttliches Vorrecht. Und er ist uns vom ersten Kontakt an mit ihm in dieser vollkommenen Rechtschaffenheit erschienen. Wir wachsen in Gnade und in der Erkenntnis der Wahrheit, aber unser Meister zeigt von Anbeginn an ausgereifte Rechtschaffenheit. Alle Menschen, ob gut oder böse, anerkennen diese Elemente der Tugend in Jesus. Und doch ist seine Frömmigkeit nie aufdringlich oder zur Schau gestellt. Er ist zugleich mild und furchtlos. Er scheint unserem Glauben an seine Göttlichkeit zuzustimmen. Er ist entweder, was er zu sein erklärt, oder aber er ist der größte Heuchler und Betrüger, den die Welt je gekannt hat. Wir sind überzeugt, dass er gerade das ist, was er zu sein behauptet.

161:2.5

4. Die Einzigartigkeit seines Charakters und die Vollkommenheit seiner emotionalen Kontrolle überzeugen uns davon, dass er eine Kombination von Menschlichkeit und Göttlichkeit ist. Er reagiert unfehlbar auf den Anblick menschlicher Not; Leid berührt ihn immer. Sein Mitleid wird ebenso sehr durch physische Leiden wie durch seelische Qualen und geistigen Kummer erregt. Sofort stellt er bei seinen Mitmenschen vorhandenen Glauben oder irgendeine andere gute Eigenschaft fest und anerkennt sie großzügig. Er ist so gerecht und fair, und zugleich so barmherzig und rücksichtsvoll. Die geistige Halsstarrigkeit der Leute bekümmert ihn, und er freut sich, wenn sie bereit sind, das Licht der Wahrheit zu sehen.

161:2.6

5. Er scheint die Gedanken seiner Mitmenschen zu kennen und die Sehnsüchte ihrer Herzen zu verstehen. Und er ist immer verständnisvoll, wenn unser Gemüt beunruhigt ist. Er scheint all unsere menschlichen Emotionen zu besitzen, aber sie sind wunderbar verklärt. Er liebt Güte und hasst Sünde gleichermaßen. Er besitzt ein übermenschliches Bewusstsein von der Gegenwart der Gottheit. Er betet wie ein Mensch, aber handelt wie ein Gott. Er scheint die Dinge im Voraus zu wissen; er wagt es, schon jetzt von seinem Tod zu sprechen und mystische Andeutungen über seine kommende Verherrlichung zu machen. Er ist liebenswürdig, aber auch tapfer und mutig. Er schwankt nie in seiner Pflichterfüllung.

161:2.7

6. Wir sind ständig beeindruckt vom Phänomen seines übermenschlichen Wissens. Es vergeht kaum ein Tag, an dem uns nicht irgendeine Begebenheit enthüllt, dass der Meister weiß, was sich außerhalb seiner unmittelbaren Gegenwart abspielt. Er scheint auch die Gedanken seiner Mitarbeiter zu kennen. Er steht ohne Zweifel mit himmlischen Persönlichkeiten in Verbindung; er lebt fraglos auf einer geistigen Ebene, die sich weit über uns allen befindet. Alles scheint seinem einzigartigen Verständnis zugänglich zu sein. Er stellt uns Fragen, damit wir aus uns herausgehen, und nicht, um Auskünfte zu erhalten.

161:2.8

7. Neulich hat der Meister nicht gezögert, sich zu seiner Übermen­sch­lichkeit zu bekennen. Vom Tag unserer Weihe als Apostel an bis in die jüngste Gegenwart hat er nie in Abrede gestellt, vom Vater im Himmel herzukommen. Er spricht mit der Autorität eines göttlichen Lehrers. Der Meister zögert nicht, die heutigen religiösen Lehren zu widerlegen und das neue Evangelium mit positiver Autorität zu verkündigen. Er ist bestimmt, positiv und voller Autorität. Als er Jesus sprechen hörte, erklärte sogar Johannes der Täufer, er sei der Sohn Gottes. Er scheint vollkommen sich selber zu genügen. Er sucht nicht die Unterstützung der Menge; er macht sich nichts aus der Meinung der Menschen. Er ist tapfer und doch so frei von Stolz.

161:2.9

8. Er spricht ständig von Gott als von einem immer gegenwärtigen Gefährten in allem, was er tut. Wo er geht, tut er Gutes, denn Gott scheint in ihm zu sein. Er gibt über sich selber und seine Sendung auf Erden die erstaunlichsten Erklärungen ab, die absurd wären, wenn er nicht göttlich wäre. Er sagte einmal: „Bevor Abraham war, bin ich.“ Er hat sich eindeutig zu seiner Göttlichkeit bekannt; er erklärt, Gottes Partner zu sein. Er erschöpft nahezu die Möglichkeiten der Sprache im ständig wiederholten Anspruch, mit dem himmlischen Vater in enger Verbindung zu stehen. Er wagt sogar zu erklären, er und sein Vater seien eins. Er sagt, dass jeder, der ihn gesehen hat, den Vater gesehen hat. Und er sagt und tut all diese ungeheuren Dinge mit einer solch kindhaften Natürlichkeit. Er spricht von seiner Verbundenheit mit dem Vater in derselben Art, wie er sich auf die Verbundenheit mit uns bezieht. Er scheint Gottes so sicher zu sein und spricht von diesen Beziehungen in einer so selbstverständlichen Weise.

161:2.10

9. Im Gebet scheint er direkt mit seinem Vater zu kommunizieren. Wir haben nur wenige seiner Gebete gehört, aber diese wenigen sind ein Hinweis darauf, dass er mit Gott wie von Angesicht zu Angesicht spricht. Er scheint die Zukunft wie die Vergangenheit zu kennen. Er könnte ganz einfach nicht all das sein und all diese außerordentlichen Dinge vollbringen, wenn er nicht etwas Mehr-als-Menschliches wäre. Wir wissen, dass er menschlich ist, dessen sind wir sicher, aber wir sind fast genauso sicher, dass er auch göttlich ist. Wir glauben, dass er göttlich ist. Wir sind überzeugt, dass er der Menschensohn und der Gottessohn ist.

161:2.11

Nach Beendigung ihrer Gespräche mit Rodan eilten Nathanael und Thomas nach Jerusalem, um sich wieder mit ihren Mitaposteln zu vereinigen. Sie trafen dort am Freitag jener Woche ein. Das war eine große Erfahrung im Leben aller drei Gläubigen, und die anderen Apostel lernten viel aus dem, was Nathanael und Thomas ihnen davon berichteten.

161:2.12

Rodan kehrte nach Alexandrien zurück, wo er seine Philosophie lange Zeit an der Schule von Meganta lehrte. Er wurde später ein mächtiger Mann in den Angelegenheiten des Königreichs des Himmels; er glaubte treu bis ans Ende seiner Erdentage, als er in Griechenland auf dem Höhepunkt der Verfolgungen zusammen mit anderen sein Leben hingab.


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