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Ereignisse, die zu der Krise in Kapernaum führen

3. Der Krönungsversuch

152:3.1

Die Speisung der Fünftausend durch übernatürliche Energie war ein weiterer Fall, wo menschliches Erbarmen verbunden mit Schöpferkraft sich in einem entsprechenden Ereignis ausdrückte. Nun, da sich die Menge satt gegessen hatte und Jesu Ruhm hier und jetzt durch dieses erstaunliche Wunder noch vermehrt worden war, bedurfte der Plan, sich des Meisters zu bemächtigen und ihn zum König auszurufen, keiner weiteren persönlichen Lenkung. Die Idee schien sich in der Menge wie eine ansteckende Krankheit auszubreiten. Die Reaktion der Menge auf diese plötzliche und Aufsehen erregende Befriedigung ihrer physischen Bedürfnisse war tief und überwältigend. Seit langem war den Juden gelehrt worden, dass der Messias, der Sohn Davids, bei seinem Kommen im Lande wieder Milch und Honig fließen lassen würde, und dass ihnen das Brot des Lebens in der Weise des Himmelsmannas geschenkt werden würde, das angeblich in der Wüste auf ihre Vorväter herabgeregnet war. Und erfüllte sich diese ganze Erwartung nicht gerade jetzt vor ihren Augen? Als diese hungrige, unterernährte Menschenmenge aufgehört hatte, sich an der Wundernahrung satt zu essen, gab es nur eine einzige einmütige Reaktion: „Dies ist unser König.“ Der wunderwirkende Befreier Israels war gekommen. In den Augen dieser einfachen Gemüter schloss die Macht zu ernähren auch das Recht zu herrschen ein. Kein Wunder also, dass sich die Menge, als sie mit Essen fertig war, wie ein Mann erhob und schrie: „Macht ihn zum König!“

152:3.2

Dieser mächtige Ruf begeisterte Petrus und jene Apostel, die immer noch die Hoffnung hegten, Jesus werde seinen Herrschaftsanspruch geltend machen. Aber diese falschen Hoffnungen sollten nicht lange leben. Der mächtige Ruf der Menge hatte kaum aufgehört, von den nahen Felsen zu widerzuhallen, als Jesus einen großen Stein bestieg, mit seiner erhobenen Rechten Aufmerksamkeit gebot und sprach: „Meine Kinder, ihr meint es gut, aber ihr seid kurzsichtig und auf Materielles eingestellt.“ Es trat eine kurze Pause ein; majestätisch stand der robuste Galiläer da im zauberhaften Glühen der östlichen Dämmerstunde. Er war jeder Zoll ein König, als er fortfuhr, zu der atemlosen Menge zu sprechen: „Ihr wollt mich zum König machen, aber nicht etwa, weil eine große Wahrheit eure Seelen erleuchtet hat, sondern weil eure Mägen mit Brot gefüllt worden sind. Wie oft habe ich euch gesagt, dass mein Königreich nicht von dieser Welt ist? Das Königreich des Himmels, das wir verkündigen, ist eine geistige Bruderschaft, und kein Mensch regiert es, der auf einem materiellen Thron sitzt. Mein Vater im Himmel ist der allweise und allmächtige Herrscher über diese geistige Bruderschaft der Söhne Gottes auf Erden. Ist es mir so sehr misslungen, euch den Vater allen Geistes zu offenbaren, dass ihr aus seinem Sohn im Fleische einen König machen möchtet? Geht nun alle von hier nach Hause. Wenn ihr einen König haben müsst, dann errichte jeder von euch in seinem Herzen dem Vater des Lichts als dem geistigen Herrscher aller Dinge einen Thron.“

152:3.3

Diese Worte Jesu schickten die verstörte und entmutigte Menge weg. Viele, die an ihn geglaubt hatten, kehrten um und folgten ihm von diesem Tag an nicht mehr. Die Apostel waren sprachlos; sie standen schweigend um die zwölf mit Essensresten gefüllten Körbe herum da; nur Markus, ihr junger Gehilfe, sagte: „Und er weigerte sich, unser König zu sein.“ Bevor Jesus sich entfernte, um in den Bergen allein zu sein, wandte er sich an Andreas mit den Worten: „Führe deine Brüder zurück in das Haus des Zebedäus und bete mit ihnen, insbesondere für deinen Bruder, Simon Petrus.“


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