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Ausbildung der Evangelisten in Bethsaida

7. Der Mann mit der verdorrten Hand

148:7.1

Am vorletzten Sabbat vor dem Aufbruch der Apostel und des neuen Evan­ge­listenkorps zur zweiten Predigtrundreise durch Galiläa sprach Jesus in der Synagoge von Kapernaum über „die Freuden eines Lebens in Recht­schaffenheit“. Nachdem er geendet hatte, versammelte sich eine große Schar von Krüppeln, Lahmen, Kranken und Elenden um ihn, die nach Heilung suchten. In der Menge befanden sich auch die Apostel, viele der neuen Evangelisten und die pharisäischen Spione aus Jerusalem. Wohin sich Jesus auch immer begab (außer er ging in den Bergen den Angelegenheiten seines Vaters nach), folgten ihm mit Sicherheit die sechs Spitzel aus Jerusalem.

148:7.2

Während Jesus mit den Leuten sprach, stiftete der Anführer der spionierenden Pharisäer einen Mann mit einer verdorrten Hand an, sich Jesus zu nähern und ihn zu fragen, ob es gesetzlich sei, am Sabbat geheilt zu werden, oder ob er an einem anderen Tag um Hilfe nachsuchen solle. Als Jesus den Mann sah, seine Worte vernahm und begriff, dass die Pharisäer ihn gesandt hatten, sagte er: „Tritt näher, damit ich dich etwas fragen kann. Wenn du ein Schaf besäßest und es an einem Sabbattag in eine Grube fiele, würdest du dann hinablangen, es packen und herausholen? Ist es gesetzlich, so etwas an einem Sabbattag zu tun?“ Und der Mann antwortete: „Ja, Meister, es wäre gesetzlich, auf diese Weise an einem Sabbattag Gutes zu tun.“ Da wandte sich Jesus an alle und sprach: „Ich weiß, weshalb ihr diesen Mann zu mir geschickt habt. Ihr würdet in mir einen Grund zur Anklage finden, wenn ihr mich dazu verleiten könntet, an einem Sabbattag Barmherzigkeit zu üben. Ihr alle habt mir stillschweigend beigepflichtet, dass es gesetzlich ist, das unglückliche Schaf aus der Grube herauszuholen, sogar an einem Sabbat, und ich rufe euch alle zu Zeugen dafür auf, dass es gesetzlich ist, am Sabbattag nicht nur Tieren, sondern auch Menschen Liebe und Güte zu erweisen. Wie viel kostbarer ist ein Mensch als ein Schaf! Ich verkündige, dass es gesetzlich ist, den Menschen am Sabbattag Gutes zu tun.“ Als alle schweigend vor ihm standen, wandte sich Jesus wieder dem Mann mit der verdorrten Hand zu und sprach: „Steh auf, hier neben mir, damit alle dich sehen können. Und jetzt, damit du weißt, dass es meines Vaters Wille ist, dass du am Sabbattag Gutes tust, und wenn du den Glauben hast, geheilt zu werden, gebiete ich dir, deine Hand auszustrecken.“

148:7.3

Und als der Mann seine verdorrte Hand ausstreckte, wurde sie gesund. Die Leute machten Miene, sich gegen die Pharisäer zu wenden, aber Jesus gebot ihnen Ruhe und sprach: „Eben habe ich euch gesagt, dass es gesetzlich ist, am Sabbat Gutes zu tun und Leben zu retten, aber ich habe euch nicht aufgefordert, jemandem etwas anzutun und dem Wunsch zu töten nachzugeben.“ Zornig gingen die Pharisäer weg, und obgleich es ein Sabbattag war, eilten sie unverzüglich nach Tiberias und berieten sich mit Herodes. Sie unternahmen alles in ihrer Macht Stehende, um seinen Argwohn zu wecken und sich der Herodianer als Verbündeter gegen Jesus zu versichern. Herodes jedoch weigerte sich, gegen Jesus vorzugehen und riet ihnen, ihre Klagen in Jerusalem vorzubringen.

148:7.4

Dies ist der erste Fall eines Wunders, das Jesus als Antwort auf die Herausforderung seiner Feinde tat. Und der Meister vollbrachte dieses sogenannte Wunder nicht zur Demonstration seiner Macht zu heilen, sondern als wirksamen Protest dagegen, aus der religiösen Sabbatruhe eine wahre Knechtschaft sinnloser Einschränkungen für alle Menschen zu machen. Der Mann aber kehrte zu seiner Arbeit als Steinmetz zurück und erwies sich als einer von jenen, auf deren Heilung ein Leben in Dankbarkeit und Rechtschaf­fenheit folgte.


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