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Die frühe Kindheit Jesu

2. Das fünfte Jahr (2 v. Chr.)

123:2.1

Etwas mehr als ein Jahr nach ihrer Rückkehr nach Nazareth erreichte der Knabe Jesus das Alter seiner ersten persönlichen, von ganzem Herzen getroffenen sittlichen Entscheidung, worauf ein Gedankenjustierer, eine göttliche Gabe des Vaters im Paradies, zu ihm kam, derselbe, der früher Machiventa Melchisedek gedient hatte und dabei seine Erfahrungen in Verbindung mit der Inkarnation eines übermenschlichen Wesens in Menschengestalt gewonnen hatte. Dieses Ereignis fand am 11. Februar 2 v. Chr. statt. Jesus war sich der Ankunft des göttlichen Mentors ebenso wenig bewusst, wie es die Millionen und Abermillionen anderen Kinder sind, die vor und nach diesem Tag in ähnlicher Weise solche Gedankenjustierer empfangen haben, damit diese ihrem Verstand innewohnten und für dessen höchste Vergeistigung und für das ewige Leben ihrer sich entwickelnden unsterblichen Seelen arbeiteten.

123:2.2

An diesem Februartag endete die direkte und persönliche Überwachung durch die Herrscher des Universums insofern, als sie sich auf die Unversehrtheit der kindlichen Inkarnation Michaels bezog. Von da an und während der menschlichen Entfaltung der Inkarnation war Jesus der Obhut dieses ihm innewohnenden Gedankenjustierers und der ihm beigesellten seraphischen Hüter anvertraut, dann und wann ergänzt durch die Dienste von Mittlern, die mit der Ausführung ganz bestimmter Aufgaben gemäß den Anweisungen ihrer planetarischen Vorgesetzten betraut waren.

123:2.3

Jesus wurde im August dieses Jahres fünf Jahre alt, und wir werden uns deshalb hierauf als auf sein – kalendarisch – fünftes Lebensjahr beziehen. In diesem Jahr 2 v. Chr., etwas mehr als ein Monat vor seinem fünften Geburtstag, machte die Ankunft seiner Schwester Miriam Jesus überglücklich, die in der Nacht vom 11. Juni zur Welt kam. Am Abend des folgenden Tages sprach Jesus lange mit seinem Vater über die Weise, in der die verschiedenen Arten von Lebe­wesen als gesonderte Individuen zur Welt kommen. Der wertvollste Teil der frühen Erziehung Jesu kam von seinen Eltern als Antwort auf seine tiefsinnigen und forschenden Fragen. Joseph versäumte es nie, seine volle Pflicht zu tun, und scheute weder Mühe noch Zeit für die Beantwortung der zahlreichen Fragen des Knaben. Von seinem fünften bis zu seinem zehnten Lebensjahr war Jesus ein einziges fortwährendes Fragezeichen. Joseph und Maria waren nicht immer imstande, seine Fragen zu beantworten; aber sie versäumten nie, seine Erkun­digungen gründlich mit ihm zu besprechen und ihn in jeder erdenklichen Weise bei seinem Bemühen zu unterstützen, für das Problem, welches sein reger Geist aufgeworfen hatte, eine befriedigende Lösung zu finden.

123:2.4

Seit ihrer Rückkehr nach Nazareth war im Haus immer viel Betrieb gewesen, und Joseph war durch den Bau der neuen Werkstatt und die Wiederinbe­triebnahme seines Geschäftes außerordentlich in Anspruch genommen worden; so sehr, dass er nicht einmal Zeit gefunden hatte, für Jakobus eine Wiege anzufertigen. Aber dem hatte er lange, bevor Miriam ankam, Abhilfe geschaffen, so dass diese sich in einem sehr bequemen Kinderbettchen kuscheln konnte, während die Familie sie bewunderte. Und das Kind Jesus nahm an all diesen natürlichen und normalen häuslichen Ereignissen herzlichen Anteil. Jesus freute sich sehr über seinen kleinen Bruder und sein Schwesterchen und war Maria eine große Hilfe bei ihrer Betreuung.

123:2.5

Es gab in der heidnischen Welt jener Zeit nur wenige Familien, die einem Kind eine bessere intellektuelle, sittliche und religiöse Erziehung geben konnten als die jüdischen Familien Galiläas. Diese Juden hatten ein systematisches Programm für die Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder. Sie unterteilten das Leben eines Kindes in sieben Abschnitte:

123:2.6

1. Das neugeborene Kind, vom ersten bis zum achten Tag.

123:2.7

2. Das zu stillende Kind.

123:2.8

3. Das entwöhnte Kind.

123:2.9

4. Die Zeit der Abhängigkeit von der Mutter, bis zum Ende des fünften Lebensjahres.

123:2.10

5. Der Beginn der Unabhängigkeit des Kindes. Im Falle der Söhne übernimmt der Vater die Verantwortung für ihre Erziehung.

123:2.11

6. Die heranwachsenden Jünglinge und Mädchen.

123:2.12

7. Die jungen Männer und die jungen Frauen.

123:2.13

Bei den Juden Galiläas war es Sitte, dass die Mutter die Verantwortung für die Erziehung der Kinder bis zum fünften Geburtstag trug. Wenn das Kind ein Junge war, ging von da an die Verantwortung für die Erziehung des Knaben an den Vater über. Jesus trat also in diesem Jahr in den fünften Abschnitt der Entwicklung eines kleinen jüdischen Galiläers ein, und Maria übergab ihn demgemäß am 21. August 2 v. Chr. in aller Form an Joseph für die weitere Erziehung.

123:2.14

Auch wenn Joseph nun die unmittelbare Verantwortung für Jesu intellektuelle und religiöse Erziehung übernahm, fuhr seine Mutter doch fort, ihn in den häuslichen Angelegenheiten zu üben. Durch sie lernte er die Weinstöcke und Blumen kennen und pflegen, die entlang der das ganze Anwesen einfassenden Gartenmauer wuchsen. Auch stellte sie auf dem im Sommer als Schlafstelle dienenden Flachdach niedrige Sandkästen bereit, in denen Jesus Landkarten erstellte und sich früh im Schreiben von Aramäisch, Griechisch und später Hebräisch übte; denn mit der Zeit lernte er alle drei Sprachen lesen, schreiben und fließend sprechen.

123:2.15

Es zeigte sich, dass Jesus physisch ein beinahe vollkommenes Kind war und auch im mentalen und emotionalen Bereich weiterhin normale Fortschritte machte. Am Ende seines fünften (kalendarischen) Lebensjahres durchlitt er eine leichte Verdauungsstörung, seine erste geringfügige Krankheit.

123:2.16

Joseph und Maria sprachen zwar oft über die Zukunft ihres ältesten Kindes; wäret ihr jedoch zugegen gewesen, hättet ihr nichts weiter als das Heran­wachsen eines normalen, gesunden, sorglosen, aber über die Maßen wissbegierigen Kindes seiner Zeit und Umgebung beobachten können.


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