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Der Justierer und die Seele

3. Die sich entwickelnde Seele

111:3.1

Die Fehler des vergänglichen Verstandes und die Irrtümer menschlichen Verhaltens können die Entwicklung der Seele merklich verzögern, obwohl sie dieses morontielle Phänomen nicht verhindern können, nachdem es einmal im Einverständnis mit dem Willen des Geschöpfes durch den innewohnenden Justierer in Gang gesetzt worden ist. Aber derselbe materielle menschliche Wille ist befugt, zu jedem Zeitpunkt vor dem Tod auf seine Wahl zurückzukommen und das Fortleben zu verwerfen. Selbst noch nach dem Fortleben behält der aufsteigende Sterbliche das Vorrecht, sich gegen das ewige Leben zu entscheiden; zu jedem der Fusion mit dem Justierer vorausgehenden Zeitpunkt steht es dem sich entwickelnden, aufsteigenden Geschöpf frei, den Willen des Paradies-Vaters nicht länger zu verfolgen. Die Fusion mit dem Justierer drückt aus, dass der aufsteigende Sterbliche sich bedingungslos und auf ewig für die Ausführung des Willens des Vaters entschieden hat.

111:3.2

Während des irdischen Lebens ist die sich entwickelnde Seele befähigt, die übermateriellen Entscheidungen des menschlichen Verstandes zu verstärken. Da die Seele übermateriell ist, kann sie nicht von sich aus auf der materiellen menschlichen Erfahrungsebene funktionieren. Auch kann diese unter-geistige Seele nicht ohne die Mitarbeit irgendeines Geistes der Gottheit wie des Justierers oberhalb der morontiellen Ebene wirken. Ebenso wenig trifft die Seele endgültige Entscheidungen, bevor Tod oder Entrückung die materielle Vereinigung mit dem menschlichen Verstand aufheben, außer der materielle Verstand übergebe diese Autorität aus freien Stücken der mit ihm zusammenwirkenden morontiellen Seele. Zu Lebzeiten befindet sich der menschliche Wille, die Macht der Persönlichkeit zu entscheiden und zu wählen, in den materiellen Verstandeskreisläufen; mit fortschreitendem irdischem Wachstum des Sterblichen identifiziert sich dieses Selbst mit seinen unschätzbaren Vorrechten des Wählens immer stärker mit der erwachenden morontiellen seelischen Wesenheit; nach dem Tod und der darauf folgenden Auferstehung auf den Residenzwelten ist die menschliche Persönlichkeit mit dem morontiellen Selbst vollkommen identisch. Somit ist die Seele der Embryo des zukünftigen morontiellen Trägers der Persönlichkeitsidentität.

111:3.3

Diese unsterbliche Seele ist zuerst in ihrem Wesen völlig morontiell, aber sie besitzt ein derartiges Entwicklungsvermögen, dass sie ausnahmslos zu den wahren geistigen Wertebenen der Fusion mit den Geisten der Gottheit aufsteigt, üblicherweise mit demselben Geist des Universalen Vaters, der dieses schöpferische Phänomen im Geschöpfesverstand ursprünglich ausgelöst hat.

111:3.4

Menschlicher Verstand und göttlicher Justierer sind sich der Gegenwart und verschiedenen Natur der sich entwickelnden Seele bewusst – der Justierer voll und ganz, der Verstand teilweise. Die Seele wird sich entsprechend ihrem eigenen evolutionären Wachstum sowohl des Verstandes als auch des Justierers als mit ihr verbundener Wesenheiten immer bewusster. Die Seele hat an den Eigenschaften des menschlichen Verstandes ebenso teil wie an denen des göttlichen Geistes, entwickelt sich aber beharrlich in Richtung auf eine erhöhte geistige Kontrolle und göttliche Beherrschung durch Herausbildung einer Verstandesfunktion, deren Bedeutungen sich mit wahren geistigen Werten zu koordinieren trachten.

111:3.5

Der Werdegang des Sterblichen, seine seelische Entwicklung, ist nicht so sehr eine Prüfung als eine Erziehung. Der Glaube an das Fortleben höchster Werte ist das Herzstück der Religion; echte religiöse Erfahrung besteht in der Vereinigung höchster Werte und kosmischer Bedeutungen als einer Verwirklichung universeller Realität.

111:3.6

Der Verstand kennt Quantität, Realität und Bedeutungen. Aber Qualität – Werte – fühlt man. Was fühlt, ist die wechselseitige Schöpfung des Verstandes, der kennt, und des zugesellten Geistes, der Realität entstehen lässt.

111:3.7

Insofern als sich die in Entwicklung begriffene morontielle Seele von Wahrheit, Schönheit und Güte als einer Werte-Verwirklichung des Gottesbewusstseins durchdringen lässt, wird das dabei entstehende Wesen unzerstörbar. Wenn es in der sich entwickelnden Seele des Menschen kein Fortleben ewiger Werte gibt, ist die irdische Existenz ohne Bedeutung, und das Leben selber ist eine tragische Illusion. Aber es bleibt ewig wahr: Was ihr in der Zeit beginnt, werdet ihr mit Sicherheit in der Ewigkeit zu Ende führen – wenn es wert ist, beendigt zu werden.


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