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Die wahre Natur der Religion

5. Erweiterung der Religion durch Offenbarung

101:5.1

Offenbarung ist eine Technik, die bei der notwendigen Arbeit, die Irrtümer der Evolution aus den Wahrheiten geistiger Erwerbungen auszusortieren und auszusieben, ganze Zeitalter einzusparen erlaubt.

101:5.2

Die Wissenschaft beschäftigt sich mit Tatsachen ; die Religion gibt sich einzig mit Werten ab. Mittels einer aufgeklärten Philosophie bemüht sich der Verstand, die Bedeutungen sowohl der Tatsachen wie der Werte zu vereinigen und dadurch zu einer Vorstellung von vollständiger Realität zu gelangen. Ruft euch in Erinnerung, dass Wissenschaft die Domäne des Wissens, Philosophie das Reich der Weisheit und Religion die Sphäre der Glaubenserfahrung ist. Indessen manifestiert sich Religion in zwei Phasen:

101:5.3

1. Evolutionäre Religion. Die Erfahrung primitiver Anbetung, die Religion, die ein Abkömmling des Verstandes ist.

101:5.4

2. Offenbarte Religion. Die Haltung gegenüber dem Universum, die ein Abkömmling des Geistes ist; der Glaube an den Bestand ewiger Realitäten, an das Fortleben der Persönlichkeit und an das schließliche Erreichen der kosmischen Gottheit, deren Vorhaben all das ermöglicht hat, und die Gewissheit von alledem. Es gehört zum Plan des Universums, dass es der evolutionären Religion bestimmt ist, früher oder später die geistige Erweiterung der Offenbarung zu empfangen.

101:5.5

Sowohl Wissenschaft wie Religion bauen für logische Folgerungen auf der Annahme gewisser allgemein akzeptierter Grundlagen auf. Ganz ebenso muss die Philosophie ihre Gedankengänge auf die Annahme der Realität von drei Dingen gründen:

101:5.6

1. Der materielle Körper.

101:5.7

2. Die übermaterielle Phase des menschlichen Wesens, die Seele oder gar der innewohnende Geist.

101:5.8

3. Der menschliche Verstand, der Mechanismus für wechselseitigen Austausch und Zusammenarbeit zwischen Geist und Materie, zwischen Materiellem und Geistigem.

101:5.9

Die Wissenschaftler fügen Tatsachen zusammen, die Philosophen koordinieren Ideen, während die Propheten Ideale verherrlichen. Ausnahmslos begleiten Gefühl und Empfindung die Religion, aber sie sind nicht die Religion. Religion ist vielleicht das Fühlen einer Erfahrung, aber sie ist kaum das Erfahren von Gefühlen. Weder Logik (Rationalisieren) noch Emotion (Fühlen) sind wesentliche Teile religiöser Erfahrung, obwohl beide sich unterschiedlich an der Betätigung des Glaubens beteiligen können, um einen tieferen geistigen Einblick in die Realität zu erhalten, und dies ganz in Übereinstimmung mit Status und veranlagungsmäßigen Neigungen des individuellen Gemütes.

101:5.10

Die evolutionäre Religion ist die Frucht aus der Gabe des lokaluniversellen Hilfsgeistes, der mit der Schaffung und Förderung des Drangs zur Anbetung in dem sich entwickelnden Menschen betraut ist. Solch primitive Religionen haben direkt mit Ethik und Sittlichkeit zu tun, mit dem Sinn für menschliche Pflicht. Sie gründen auf der Stimme des Gewissens und haben die Stabilisierung von relativ ethischen Zivilisationen zur Folge.

101:5.11

Persönlich offenbarte Religionen werden von den schenkenden Geisten getragen, welche die drei Personen der Paradies-Trinität repräsentieren, und sie widmen sich insbesondere dem Wachstum der Wahrheit. Die evolutionäre Religion bringt dem Einzelnen die Idee von persönlicher Pflicht bei; offenbarte Religion legt das Gewicht in wachsendem Maße auf die Liebe, auf die goldene Regel.

101:5.12

Höherstehende Religion beruht ganz und gar auf dem Glauben. Offenbarung bringt durch ihre erweiterte Darlegung der Wahrheiten über Göttlichkeit und Realität eine zusätzliche Gewissheit, und – was noch wertvoller ist – für sie zeugt die gelebte und immer reichere Erfahrung infolge der praktischen Zusam­menarbeit zwischen evolutionärem Glauben und offenbarter Wahrheit. Solche Zusammenarbeit menschlichen Glaubens mit göttlicher Wahrheit stellt den Besitz eines Charakters dar, der sich eindeutig auf dem Weg zur Erwerbung einer morontiellen Persönlichkeit befindet.

101:5.13

Die evolutionäre Religion verschafft nur die Gewissheit des Glaubens und die Bestätigung durch das Gewissen; die offenbarte Religion verschafft zusätzlich zu der Gewissheit des Glaubens die Wahrheit der lebendigen Erfahrung mit den Realitäten der Offenbarung. Der dritte Schritt der Religion oder die dritte Phase religiöser Erfahrung betrifft den morontiellen Zustand, ein tieferes Erfassen der Mota. Immer mehr erweitern sich während des morontiellen Vorrückens die Wahrheiten offenbarter Religion; immer besser werdet ihr die Wahrheiten höchster Werte, göttlicher Güte, universaler Zusammenhänge, ewiger Realitäten und ultimer Bestimmungen verstehen.

101:5.14

Während des morontiellen Werdegangs ersetzt die Gewissheit der Wahrheit immer mehr die Gewissheit des Glaubens. Wenn ihr dereinst in der wirklichen geistigen Welt Einlass findet, werden die Gewissheiten reiner geistiger Schau anstelle von Glauben und Wahrheit wirken, oder vielmehr in Verbindung mit diesen früheren Techniken persönlicher Gewissheit und sich ihnen überlagernd.


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